Vitreomakuläre Traktion

Kategorien: GlaskörperPublished On: 7. September 2022Von 5,3 min read

Dr. med. Gabriele Valaisaite

Fachärztin für Augenheilkunde

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Inhaltsverzeichnis

vitreomakulaere traktion

Was ist die vitreomakuläre Traktion?

Das vitreomakuläre Traktionssyndrom (VMTS) bezeichnet eine signifikante Störung der Grenzschicht zwischen Glaskörper und Netzhaut, die durch eine unvollständige Ablösung des Glaskörpers ausgelöst wird. Bei einer sogenannten vitreomakulären Traktion hebt sich der hintere Glaskörper (Corpus vitreum) nicht vollständig von der Netzhaut (Retina) ab, sondern bleibt in einigen Bereichen an der Makula haften, die als Stelle des schärfsten Sehens gilt. Daher also der Name „vitreomakuläres Traktionssyndrom (VMTS)“.

Der anhaftende Glaskörper übt einen Zug auf die Netzhaut aus und führt zu Veränderungen in der Makula. Diese Traktion kann eine Verdickung der Makula verursachen, ein Ödem hervorrufen und damit Probleme und Beschwerden beim Sehen auslösen. Dies äussert sich in einer verminderten Sehschärfe und dem Wahrnehmen von verzerrten Linien und verschwommenen Bildern.

Was sind die Ursachen der vitreomakulären Traktion?

Diese anormale hintere Abhebung des Glaskörpers (Vitreomakuläre Traktion) tritt häufig altersbedingt auf. Beim Glaskörper handelt es sich um einen gallertartigen Körper, der aus Gel besteht, welches den hinteren Augenabschnitt betrifft. Mit zunehmendem Alter kann sich der Glaskörper verflüssigen und schliesslich von der Netzhaut ablösen, weil er nicht mehr stabil genug ist. Dies ist ein typischer altersbedingter Vorgang, der die vitreoretionale Grenzschicht zwischen dem Glaskörper und der Netzhaut betrifft.

Dieses Phänomen tritt häufig je nach Augenlänge zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr auf. Wenn sich der Glaskörper in dieser Phase nur teilweise ablöst und zum Teil noch haften bleibt, kann dies eine vitreomakuläre Traktion verursachen – es kommt zum vitreomakulären Traktionssyndrom. Bei kurzsichtigen Personen, deren Augen länger sind, tritt die Glaskörperablösung meist früher auf als bei normalsichtigen Personen. Daraus ergibt sich die Altersspanne. Bei 65 Prozent der Patienten in der Altersgruppe zwischen 65 und 85 Jahren tritt eine hintere Glaskörperabhebung auf.

Welche Symptome treten bei der vitreomakuläre Traktion auf?

Die hintere Glaskörperabhebung ist ein normales Altersphänomen. Probleme gibt es nur dann und an jenen Stellen, an denen sich der Glaskörper nicht vollständig ablöst, an der Netzhaut kleben bleibt und einen Zug ausübt. Als Konsequenz davon kann sich die Makula verdicken. Diese Erscheinungen beeinträchtigen ebenso wie das Makulaödem die Sehfähigkeit stark und kann zu Beschwerden oder sogar Erkrankungen führen.

Betroffene Patienten nehmen ein schlechteres Sehvermögen wahr und merken, dass sie Probleme beim Lesen haben. Vor allem stark verzerrte Bilder treten auf. Gerade Linien erscheinen in den Augen der Betroffenen krumm.

In manchen Fällen führt diese Netzhautablösung zu keinerlei Beeinträchtigungen. Es ist möglich, dass der Glaskörper lediglich teilweise an der Netzhaut haftet und keinen Zug ausübt. Eine vitreomakuläre Traktion liegt nur dann vor, wenn ein Zug auftritt. Auch andere Augenerkrankungen haben ähnliche Symptome. So betreffen das Makulaödem und die altersbedingte Makuladegeneration die Stelle des schärfsten Sehens und beeinträchtigen somit das Sehvermögen beträchtlich.

Eine starke vitreomakuläre Traktion kann ein Makulaloch (Loch in der Netzhaut) verursachen und die Sehfähigkeit verschlechtern. Durch die Verflüssigung des Gels löst der Glaskörper die Netzhaut ab und reisst damit ein Loch in den Bereich des schärfsten Sehens. Es entsteht ein Makulaloch.

Wie kann die vitreomakuläre Traktion diagnostiziert werden?

Wenn die vitreomakuläre Traktion schon weit fortgeschritten ist, können Augenärzte diese Erkrankung mit der Spaltlampe diagnostizieren. Zudem eignet sich für die Diagnose das OCT Verfahren (Optische Kohärenztomografie), das Veränderungen in der Netzhaut sichtbar macht. Mittels modernen bildgebenden Verfahren ist es möglich, die retinale Mikrostruktur detailliert zu erkennen. Die OCT Untersuchung zeigt bei einer vitreomakulären Traktion die teilweise hintere Glaskörperabhebung sowie die Glaskörperhaftung an der Makula.

Welche Therapie eignet sich für die vitreomakuläre Traktion?

Wenn bei einer vitreomakulären Traktion die Sehbeschwerden nur schwach ausgeprägt sind, ist es üblich, abzuwarten, ob sich der Glaskörper von selbst vollständig ablöst. Ausschliesslich aufgrund eines OCT-Befundes wird beim vitreomakulären Traktionssyndrom nicht operiert.

Medikamentöse Behandlung mittels Ocriplasmin

Wenn sich der Glaskörper nicht abhebt und die Beschwerden schlimmer werden, kommt zunächst eine medikamentöse Behandlung des Traktionssyndroms in Betracht. Dafür wird ein Medikament mit dem Wirkstoff Ocriplasmin in den Glaskörper injiziert. Das Ocriplasmin soll die Verbindung zwischen Netzhaut und Glaskörper lösen.

Operation (Vitrektomie)

In schwereren Fällen, bei denen eine Behandlung mit Ocriplasmin nicht mehr reicht, müssen sich Patienten mit einer vitreomakulären Traktion einer Operation unterziehen und den Glaskörper chirurgisch entfernen lassen. Diese Vitrektomie ist ein minimalinvasiver Eingriff, den Augenärzte mit sehr feinen Operations- und Beleuchtungsinstrumenten durchführen. Eine solche Augenoperation wird erst dann durchgeführt, wenn der Zug lange bestehen bleibt, die Netzhautveränderungen bereits sehr stark sind oder der Patient ein Makulaloch am zweiten Auge aufweist.

Während der Vitrektomie verkleinert der Augenarzt den Glaskörper endoskopisch und saugt ihn ab. Zudem wird das Auge mit einem Gas oder einer Spezialflüssigkeit befüllt, um den Druck konstant zu halten und die Netzhaut wieder flachzudrücken beziehungsweise ein bestehendes Makulaloch zu schliessen.

Prognose

Ob die medikamentöse Behandlung bei der vitreomakulären Traktion erfolgreich verläuft, lässt sich nicht sicher sagen. Bei rund 20 Prozent der Patienten müssen die Augenärzte trotz Injektion mittels Vitrektomie operieren, weil sich der Glaskörper nicht eigenständig von der Netzhaut ablöst. Diese Operation gilt als sehr sicher und erfolgversprechend. Nach der Vitrektomie kann es sein, dass die Patienten ein bis drei Tage den Kopf gesenkt halten müssen, um den Heilungsverlauf zu unterstützen.

Fazit

Die vitreomakuläre Traktion ist auf eine unvollständige Glaskörperabhebung zurückzuführen, bei der der Glaskörper teilweise an der Makula haften bleibt. Dabei kann sich die Netzhaut verdicken oder es kann sogar ein Loch in der Makula entstehen. Für Patienten ist dies mit erheblichen Beeinträchtigungen der Sehfähigkeit verbunden, die sich beispielsweise in stark verzerrten Bildern äussern können.

Ob Sie von einer vitreomakulären Traktion betroffen sind, stellen wir Augenärzte in Chur schnell im Rahmen einer Diagnose fest. Ausserdem beraten wir Sie, welche Behandlungsmöglichkeit für Sie in Betracht kommt, sei es eine Injektion mit Ocriplasmin oder eine operative Entfernung des Glaskörpers mittels Vitrektomie.

Quellen

  • Timothy L Jackson: Moorfields Manual of Ophthalmology, third edition, Seite 604-605.
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