Trichiasis und Districhiasis

Kategorien: Syndrome & AugenerkrankungenPublished On: 10. August 2024Von 5,9 min read

Dr. med. Richard Nagy

Ärztlicher Leiter, Facharzt für Augenheilkunde

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Inhaltsverzeichnis

trichiasis und districhiasis

Einleitung

Trichiasis und Distichiasis sind zwei Augenkrankheiten, die durch eine Fehlstellung oder ein abnormales Wachstum der Wimpern charakterisiert sind. Beide Erkrankungen können erhebliche Beschwerden verursachen und, wenn sie unbehandelt bleiben, zu schweren Augenschäden führen. Obwohl sie ähnliche Symptome aufweisen, haben Trichiasis und Distichiasis unterschiedliche Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten. Distichien sind feine Haare, die am freien Lidrand wachsen und aus den Öffnungen der Meibomschen Drüsen (Lidranddrüsen) hervortreten. Dieser Text bietet eine umfassende Darstellung beider Zustände, einschließlich ihrer Ursachen, Symptome, Häufigkeit, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten.

Trichiasis

Definition und Ursachen

Trichiasis ist eine Erkrankung, bei der die Wimpern, die normalerweise nach außen zeigen, in Richtung des Augapfels wachsen. Dies führt dazu, dass die Wimpern gegen die empfindliche Oberfläche des Auges reiben, was zu Reizungen, Schmerzen und potenziell zu Schäden an der Hornhaut führen kann. Die Ursachen für Trichiasis sind vielfältig:

  • Chronische Augeninfektionen: Wiederholte oder chronische Augeninfektionen, wie zum Beispiel Blepharitis (Entzündung der Augenlider) oder Trachom, können das normale Wachstum der Wimpern beeinträchtigen. Insbesondere Trachom, eine bakterielle Infektion, die in Entwicklungsländern häufig ist, kann zu Narbenbildung und Trichiasis führen.
  • Verletzungen: Narbenbildung nach mechanischen Verletzungen des Augenlids, wie etwa durch Unfälle oder Operationen, kann die Wachstumsrichtung der Wimpern verändern und Trichiasis verursachen.
  • Entzündliche Erkrankungen: Erkrankungen wie das Stevens-Johnson-Syndrom oder andere entzündliche Erkrankungen der Haut und Schleimhäute können ebenfalls zu Trichiasis führen, da sie Entzündungen und Narbenbildung an den Augenlidern verursachen.
  • Alterung: Mit zunehmendem Alter kann die Struktur und Elastizität des Augenlids nachlassen, was dazu führen kann, dass die Wimpern nach innen drehen und Trichiasis verursachen.

Häufigkeit

Trichiasis ist weltweit relativ häufig, wobei die Prävalenz in bestimmten Regionen aufgrund endemischer Infektionskrankheiten wie dem Trachom besonders hoch ist. In ländlichen Regionen von Afrika und Asien, wo Trachom weit verbreitet ist, kann die Häufigkeit von Trichiasis bei Erwachsenen bis zu 10 % betragen. In industrialisierten Ländern ist die Häufigkeit niedriger, wobei ältere Menschen und Patienten mit chronischen Augenlidentzündungen häufiger betroffen sind.

Symptome der Trichiasis

Die Symptome von Trichiasis sind oft sehr unangenehm und können das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen. Typische Symptome umfassen:

  • Fremdkörpergefühl im Auge: Betroffene haben oft das Gefühl, als befände sich ständig etwas im Auge, was durch die Reibung der Wimpern auf der Hornhaut verursacht wird.
  • Rötung und Reizung: Durch die ständige Reibung der Wimpern wird das Auge gereizt und kann gerötet sein.
  • Vermehrter Tränenfluss: Das Auge produziert vermehrt Tränen, um die Reizung zu lindern.
  • Sehbeeinträchtigungen: In schweren Fällen kann es durch wiederholte Schädigung der Hornhaut zu einer Verschlechterung des Sehvermögens kommen.

Diagnose

Die Diagnose von Trichiasis wird durch eine gründliche augenärztliche Untersuchung gestellt. Der Arzt verwendet oft ein Spaltlampenmikroskop, um die Ausrichtung der Wimpern genau zu beurteilen und festzustellen, ob sie in Richtung des Augapfels wachsen. Zusätzlich kann der Arzt nach Anzeichen von Narbenbildung oder chronischen Entzündungen suchen, die auf eine zugrunde liegende Ursache hinweisen könnten.

Behandlung der Trichiasis

Die Behandlung von Trichiasis hängt vom Schweregrad der Erkrankung ab:

  • Manuelle Entfernung der Wimpern: In weniger schweren Fällen können fehlgeleitete Wimpern mit einer Pinzette entfernt werden. Dies ist jedoch oft nur eine vorübergehende Lösung, da die Wimpern nachwachsen können.
  • Elektrolyse: Ein Verfahren, bei dem die Wimpernwurzeln durch elektrische Ströme zerstört werden, um ein erneutes Wachstum zu verhindern.
  • Kryotherapie: Die betroffenen Wimpernwurzeln werden durch Kälte zerstört, was das Nachwachsen verhindert.
  • Chirurgische Korrektur: In schweren Fällen kann eine Operation erforderlich sein, um die Position der Wimpern dauerhaft zu korrigieren und das Risiko von Hornhautschäden zu minimieren.

Distichiasis

Definition und Ursachen

Distichiasis auch Distichien genannt, ist eine seltenere Erkrankung, bei der zusätzliche Wimpernreihen entlang der normalen Wimpernlinie wachsen. Diese zusätzlichen Wimpern können ebenfalls nach innen gerichtet sein und das Auge reizen. Die Ursachen für Distichiasis können genetischer Natur sein oder im Laufe des Lebens erworben werden:

  • Genetische Faktoren: Angeborene Distichiasis tritt häufig aufgrund genetischer Mutationen auf, die in bestimmten Familien gehäuft auftreten können. Diese Form der Districhiasis zeigt sich oft schon in der Kindheit.
  • Lidrandentzündungen: Chronische Entzündungen des Lidrandes können ein abnormales Wachstum von zusätzlichen Wimpern verursachen, die nach innen gerichtet sind.
  • Narbenbildung nach Verletzungen oder Operationen: Narben, die nach chirurgischen Eingriffen oder Verletzungen entstehen, können das Wachstum von Wimpern an abnormalen Stellen anregen.

Häufigkeit

Districhiasis ist seltener als Trichiasis und tritt in der allgemeinen Bevölkerung nicht häufig auf. Die angeborene Form von Districhiasis ist selten, wird jedoch in bestimmten Familienlinien häufiger beobachtet. Die erworbene Form tritt häufiger bei Personen mit chronischen Lidrandentzündungen oder nach Augenlidoperationen auf, bleibt aber insgesamt eine seltene Erkrankung.

Symptome der Districhiasis

Die Symptome von Districhiasis ähneln denen von Trichiasis, können jedoch aufgrund der zusätzlichen Wimpernreihen intensiver sein:

  • Reizung und Schmerzen: Die zusätzlichen Wimpern reiben auf dem Augapfel und verursachen anhaltende Reizungen und Schmerzen.
  • Chronische Bindehautentzündung: Durch die ständige Reizung kann es zu wiederkehrenden Entzündungen der Bindehaut kommen, die chronisch werden können.
  • Vermehrter Tränenfluss und Rötung: Das Auge reagiert auf die Reizung durch vermehrten Tränenfluss und Rötung, ähnlich wie bei Trichiasis.
  • Hornhautschäden: Die kontinuierliche Reibung der zusätzlichen Wimpern kann zu Schäden an der Hornhaut führen, was das Sehvermögen beeinträchtigen kann.

Diagnose der Distichiasis

Die Diagnose von Distichiasis erfolgt ebenfalls durch eine augenärztliche Untersuchung, bei der der Arzt die zusätzlichen Wimpernreihen identifizieren kann. Diese Untersuchung wird in der Regel mit einem Spaltlampenmikroskop durchgeführt, um die genaue Position und Richtung der zusätzlichen Wimpern zu bestimmen. Bei Verdacht auf eine genetische Ursache kann eine Anamnese der Familiengeschichte hilfreich sein.

Behandlung

Die Behandlung von Districhiasis hängt von der Anzahl der zusätzlichen Wimpern und dem Ausmaß der Beschwerden ab:

  • Epilation: Einzelne Wimpern können mechanisch entfernt werden, dies ist jedoch oft nur eine vorübergehende Lösung, da die Wimpern nachwachsen können.
  • Laserbehandlung: Mit einem Laser können die Haarfollikel der zusätzlichen Wimpern gezielt zerstört werden, um ein erneutes Wachstum zu verhindern.
  • Kryotherapie: Auch hier kann Kälte eingesetzt werden, um die Wimpernwurzeln zu zerstören und das Nachwachsen zu verhindern.
  • Chirurgische Eingriffe: In schweren Fällen kann eine operative Entfernung der zusätzlichen Wimpernreihen erforderlich sein, um die Beschwerden dauerhaft zu lindern und Schäden am Auge zu verhindern.

Fazit

Trichiasis und Distichiasis sind Augenkrankheiten, die das Wachstum und die Ausrichtung der Wimpern betreffen und erhebliche Beschwerden verursachen können. Während Trichiasis weltweit häufiger vorkommt, insbesondere in Regionen mit endemischen Infektionen wie Trachom, ist Districhiasis seltener und oft genetisch bedingt. Beide Erkrankungen erfordern eine genaue Diagnose und oft eine spezialisierte Behandlung, um dauerhafte Schäden am Auge zu verhindern. Eine frühzeitige Erkennung und Intervention sind entscheidend, um das Risiko von Hornhautschäden und Sehverlust zu minimieren.

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