Ptosis (Ptose)

Kategorien: AugenliderkrankungenPublished On: 31. Dezember 2023Von 7,4 min read

Dr. med. Gabriele Valaisaite

Fachärztin für Augenheilkunde

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Inhaltsverzeichnis

ptosis 1

Definition und Charakteristika einer Ptosis

Die Ptose, auch als Lidptosis bekannt, ist eine Krankheit, die durch das Herabhängen eines oder beider Augenlider gekennzeichnet ist. Sie tritt auf, wenn das obere Augenlid unter seiner normalen Position liegt, was häufig zu einer teilweisen oder vollständigen Verdeckung der Pupille führt. Dieser Zustand kann sowohl ästhetische Unannehmlichkeiten als auch funktionelle Beeinträchtigungen, wie eine eingeschränkte Sicht, mit sich bringen. Ptose kann in zwei Hauptformen auftreten: als angeborene Ptose, die von Geburt an besteht und oft auf Entwicklungsstörungen zurückzuführen ist, und als erworbene Ptose, die sich im Laufe des Lebens aufgrund verschiedener Faktoren entwickelt. Abhängig von der Ursache und dem Schweregrad kann Ptose ein breites Spektrum an Symptomen und Beeinträchtigungen aufweisen, die von leichtem Herabhängen des Augenlids bis hin zu einer schweren Beeinträchtigung des Sehvermögens reichen können. So wird beispielsweise die Ptosis, die durch die Lähmung des Musculus levator palpebrae superioris verursacht wird, auch Ptosis paralytica genannt.

Ursachen der Ptosis

Die Ptose kann durch eine Vielzahl von Faktoren verursacht werden, die von genetischen Bedingungen bis hin zu altersbedingten Veränderungen reichen:

  • Angeborene Ptose: Diese Form tritt auf, wenn der Lidhebermuskel (Musculus levator palpebrae superioris) während der fötalen Entwicklung nicht richtig ausgebildet wird. Es kann auch Teil eines übergeordneten syndromischen Zustands sein und in einigen Fällen durch genetische Faktoren bedingt sein.
  • Alterungsbedingte Ptose: Dies ist die häufigste Ursache für die erworbene Ptosis. Im Laufe der Zeit verlieren die Gewebe, einschliesslich der Muskeln und Sehnen, die das Augenlid stützen, ihre Elastizität und Festigkeit, was zu einem Absinken des Lides führt.
  • Neurologische Erkrankungen: Krankheiten wie Myasthenia gravis, die die Übertragung von Nervenimpulsen auf die Muskeln beeinträchtigen, oder ein Schlaganfall, der zu einer Schädigung der Nervenbahnen führen kann, können zu einer Ptose führen.
  • Traumatische Ursachen: Verletzungen, die direkt das Auge oder die Augenlider betreffen, können den Lidhebermuskel oder die zugehörigen Nerven schädigen und zu einer Ptose führen. Ebenso können chirurgische Eingriffe am Auge oder in seiner Nähe, wie Kataraktoperationen, gelegentlich eine Ptose verursachen. Auch eine Vergiftung durch Botox (Botulismus) kann eine Ptosis auslösen.
  • Langzeiteffekte von Kontaktlinsen: Insbesondere das langjährige Tragen harter Kontaktlinsen kann durch den konstanten Druck und die Reibung beim Einsetzen und Herausnehmen der Linsen zu einer allmählichen Schwächung der Lidmuskulatur führen.

Symptome

Die Symptome der Ptose sind vielfältig und hängen vom Grad der Lidabsenkung und der zugrundeliegenden Ursache ab:

  • Herabhängendes Augenlid: Das auffälligste Merkmal der Ptose ist ein sichtbares Herabhängen des Oberlids, das in unterschiedlichem Masse ausgeprägt sein kann.
  • Beeinträchtigung des Sichtfelds: In schwereren Fällen kann das herabhängende Lid das Sichtfeld des Betroffenen einschränken, was besonders beim Lesen oder Autofahren hinderlich sein kann.
  • Müdigkeit und Anstrengung der Augen: Personen mit Ptose neigen oft dazu, die Stirn unbewusst zu runzeln oder den Kopf zurückzuneigen, um ihr Sichtfeld zu verbessern. Diese Kompensationsmechanismen können zu Ermüdung der Augen, Kopfschmerzen und Nackenschmerzen führen.
  • Asymmetrie im Gesichtsausdruck: Wenn die Ptose einseitig auftritt, kann dies zu einem asymmetrischen Aussehen führen, was bei manchen Menschen zu einer Beeinträchtigung des Selbstbewusstseins führen kann.

Diagnose der Ptose

Die Diagnose einer Ptose erfordert eine sorgfältige Untersuchung und Bewertung durch einen Augenarzt:

  • Klinische Untersuchung: Eine gründliche Untersuchung des Auges wird durchgeführt, um das Ausmass der Ptose zu bewerten und andere mögliche Augenerkrankungen auszuschliessen.
  • Anamnese: Die Krankengeschichte des Patienten, einschliesslich der Familienanamnese, wird erfragt, um mögliche zugrundeliegende Ursachen oder assoziierte Bedingungen zu identifizieren.
  • Spezialisierte Tests: Funktionstests wie der Levatorfunktionstest helfen, die Ursache der Ptose zu bestimmen und die am besten geeignete Behandlungsstrategie festzulegen.

Differentialdiagnostik

Die Differentialdiagnose der Ptosis umfasst verschiedene Krankheiten und Zustände, die ähnliche Symptome wie das Herabhängen des oberen Augenlides zeigen können. Es ist wichtig, diese zu erkennen, um eine korrekte Diagnose zu stellen und die geeignete Behandlung einzuleiten. Hier sind einige der häufigsten Differentialdiagnosen:

  • Myasthenia Gravis: Eine autoimmune neuromuskuläre Krankheit, die durch Muskelschwäche und schnelle Ermüdbarkeit der Skelettmuskulatur gekennzeichnet ist. Die Ptosis bei Myasthenia Gravis kann im Tagesverlauf variieren und sich durch Ruhe verbessern.
  • Horner-Syndrom: Gekennzeichnet durch eine Trias von Symptomen: Ptosis sympathica, Miosis (verengte Pupille) und Anhidrose (verminderte Schweissproduktion auf der betroffenen Gesichtsseite). Dieses Syndrom ist auf eine Unterbrechung des sympathischen Nervenwegs zurückzuführen.
  • Okulomotoriusparese (III. Lähmung der Hirnnerven): Diese Krankheit führt zu einer ausgeprägten Ptosis, da der Nervus oculomotorius für die Innervation des Lidhebermuskels verantwortlich ist. Zusätzlich kann es zu einer Abweichung des Augapfels nach aussen und unten kommen, begleitet von Doppelbildern und einer erweiterten Pupille.
  • Dermatochalasis: Dabei handelt es sich um eine Erschlaffung und Ausdünnung der Haut des Oberlids, die eine Ptosis vortäuschen kann. Im Gegensatz zur echten Ptosis sind hier die Lidmuskeln nicht betroffen.
  • Blepharospasmus: Eine neurologische Krankheit, bei der es zu unwillkürlichen, krampfartigen Kontraktionen der Augenlidmuskulatur kommt. Obwohl es nicht direkt eine Ptosis ist, kann die ständige Kontraktion der Augenlider zu einem ptosisähnlichen Erscheinungsbild führen.
  • Kongenitale Anomalien: Bei Kindern können angeborene Anomalien wie ein kongenitales Horner-Syndrom oder eine angeborene Ptosis auftreten. Diese müssen von erworbenen Ursachen unterschieden werden.
  • Pseudoptosis: Hierbei handelt es sich um einen Zustand, der eine Ptosis vortäuscht, aber durch andere Faktoren verursacht wird, wie z.B. eine Asymmetrie der Augenbrauen, Heterophorie (latentes Schielen) oder eine Veränderung der Augapfelposition.
  • Mechanische Ptosis: Verursacht durch eine Masse oder Schwellung am Augenlid, die das Lid nach unten zieht. Dazu gehören Tumoren, Zysten oder schwere Lidödeme.

Die korrekte Diagnose einer Ptosis erfordert eine sorgfältige Anamnese und Untersuchung, einschliesslich der Überprüfung der Augenbewegungen, Pupillenreaktionen und der Gesichtsmuskulatur. In einigen Fällen können bildgebende Verfahren oder spezielle Tests erforderlich sein, um die genaue Ursache zu bestimmen.

Behandlungsoptionen der Ptosis

Die Behandlung der Ptose wird individuell auf den Patienten abgestimmt, basierend auf der Ursache, dem Schweregrad und den persönlichen Bedürfnissen:

  • Konservative Methoden: In Fällen leichter Ptose ohne signifikante funktionelle Beeinträchtigung kann eine abwartende Haltung mit regelmässigen Kontrolluntersuchungen ausreichend sein. Medikamentöse Therapie kann in bestimmten Fällen, wie bei einer durch neurologische Krankheiten verursachten Ptose, eingesetzt werden.
  • Operative Verfahren: Die chirurgische Korrektur ist oft die effektivste Behandlung für Ptose, die das Sehvermögen beeinträchtigt oder zu erheblichen ästhetischen Bedenken führt. Dies kann Levator-Chirurgie, Müller-Muskel-Konjunktiva-Resektion oder Frontalis-Schlingenoperation umfassen, abhängig von der spezifischen Situation des Patienten. In manchen Fällen, insbesondere wenn die Ptose mit einer übermässigen Menge an Haut am oberen Lid verbunden ist, kann auch eine Blepharoplastik durchgeführt werden.

Nachsorge und Komplikationen

Eine angemessene Nachsorge nach einer Ptosis-Operation ist entscheidend für eine erfolgreiche Heilung und zur Minimierung von Komplikationen:

  • Postoperative Pflege: Patienten müssen sich ausruhen und anstrengende Aktivitäten vermeiden, um eine optimale Heilung zu fördern. Kühlkompressen können helfen, Schwellungen zu reduzieren, und Schmerzmittel oder entzündungshemmende Medikamente können zur Linderung von Beschwerden verschrieben werden.
  • Regelmässige Nachuntersuchungen: Diese sind wichtig, um den Heilungsprozess zu überwachen und um eventuelle Komplikationen wie Infektionen, Blutungen, Asymmetrien oder eine beeinträchtigte Lidfunktion frühzeitig zu erkennen.

Prävention und Management

Obwohl viele Fälle von Ptose aufgrund ihrer Ursachen (wie genetische Faktoren oder Alterung) nicht verhindert werden können, ist eine frühzeitige Erkennung und Behandlung entscheidend, um die Auswirkungen zu minimieren und die Lebensqualität zu verbessern. Regelmässige Augenuntersuchungen sind für Menschen mit einem erhöhten Risiko für Ptose wichtig, um frühzeitige Anzeichen zu erkennen und entsprechende Massnahmen zu ergreifen.

Fazit

Ptose ist eine Krankheit, die sowohl einseitig, als auch beidseitig auftreten kann. Sie kann nicht nur das physische Erscheinungsbild eines Menschen beeinflussen kann, sondern oft auch tiefgreifende Auswirkungen auf die funktionelle Sehfähigkeit und damit auf die Lebensqualität hat. Eine frühzeitige Diagnose und eine individuell abgestimmte Behandlung sind entscheidend, um sowohl ästhetische als auch funktionelle Beeinträchtigungen effektiv zu adressieren. Die Behandlungsmethoden reichen von konservativen Ansätzen bis hin zu verschiedenen chirurgischen Techniken, abhängig von der spezifischen Ursache, dem Schweregrad und Ausprägung der Ptose.

Bei einem kindlichen Ptosis kann sich auch bei gleichzeitiger Hornhautverkrümmung eine Sehminderung oder Schwachsichtigkeit (Amblyopie) entwickeln. Es ist wichtig, dass regelmäßige augenärztliche Untersuchungen frühzeitig erfolgen.

Es ist ebenfalls wichtig, dass Patienten mit Ptose oder solche, die Anzeichen einer Ptose bemerken, professionelle medizinische Beratung suchen. In diesem Kontext stehen unsere Augenärzte in Chur bereit, um Fragen zu klären, Diagnosen zu stellen und individuell zugeschnittene Behandlungsoptionen zu diskutieren. Ihr Fachwissen und ihre Erfahrung sind unerlässlich, um den Patienten die bestmögliche Versorgung und Unterstützung zu bieten. Patienten werden ermutigt, aktiv an ihrer Gesundheitsversorgung teilzunehmen und bei Bedarf ohne Zögern professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

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