Pseudoexfoliationssyndrom

Kategorien: Syndrome & AugenerkrankungenPublished On: 28. Mai 2022Von 4,5 min read

Dr. med. Richard Nagy

Ärztlicher Leiter, Facharzt für Augenheilkunde

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Inhaltsverzeichnis

pseudoexfoliationssyndrom

Ablagerungen am Auge und unter der Netzhaut entstehen in der Regel altersbedingt. Neben dem Risiko einer Glaukom- und Kataraktbildung zeigt sich auch das Pseudoexfoliationssyndrom im klinischen Alltag mit einer Prävalenzrate zwischen 5 bis 10 Prozent und nimmt durch die Ausprägung eine gut abgegrenzte Entität ein. Zwar sind die Ursachen noch nicht ausreichend definiert, lassen sich dank neuer molekularbiologischer und genetischer Erkenntnisse jedoch immer besser nachvollziehen.

Was ist das Pseudoexfoliationssyndrom?

Das Pseudoexfoliationssyndrom (PEX-Syndrom, Pseudoexfoliation glaucoma, Pseudoexfoliationsglaukom) führt am häufigsten zu einem chronisch sekundären und hypertensiven Offenwinkelglaukom (PEX-Glaukom). Es verursacht Ablagerungen von Proteinen im vorderen Augenabschnitt. Die Erkrankung ist systemisch und betrifft über das Auge hinaus den gesamten Körper. Das abgelagerte Material ist auf der Linse, Bindehaut und im Kammerwinkel zu finden, oftmals darüber hinaus auch auf anderen Organen wie Herz, Gehirn, Niere, Lunge und Leber. Im Vergleich zu anderen Glaukomen ist beim PEX-Glaukom eine höhere Progressionsrate mit einem höheren Risiko für einen Glaukomschaden zu verzeichnen.

Welche Ursachen führen zu einem Pseudoexfoliationssyndrom?

Beim PEX-Syndrom findet ein genetisch determinierter und fibrotischer Prozess statt, bei dem es zu Ablagerungen im inter- und extraokulären Gewebe kommt. Auch wenn die Ursachen noch nicht ausreichend erforscht sind, tritt das Krankheitsbild vor allen Dingen bei älteren Menschen auf, ab einem Alter von 60 bis 70 Jahren. Besonders im Bereich der Kammerwinkel bildet sich häufig ein Offenwinkelglaukom oder es kommt zu einer okulären Hypertension. Ursachen dafür sind entstehende Blockaden der Kammerwasserabflusswege durch das eingeschwemmte Material.

Die Vermutung liegt nahe, dass für die Entzündungsreaktion neben genetischen Faktoren auch oxidativer Stress, ein Traumata, eine Hypoxie oder Entzündungen als externe Faktoren eine Rolle spielen. Begünstigt wird das PEX-Syndrom weiterhin durch einen erhöhten Spiegel an Homcystein. Diese Aminosäure löst kardiovaskuläre Erkrankungen aus. Einige Studien belegen, dass das Pseudoexfoliationssyndrom bei Patienten mit LOXL1-Gen-Mutationen auftritt, weil der Elastin-Stoffwechsel gestört ist. Nicht alle Ursachen führen zwangsläufig zur Entstehung eines Glaukoms.

Welche Symptome zeigen sich beim Pseudoexfoliationssyndrom?

Anfällig für Pseudoexfoliation glaucoma sind unter den älteren Menschen besonders Frauen ab einem Alter von 70 Jahren. Die Symptome und klinische Manifestationen zeigen sich meistens erst spät und in Verbindung mit weiteren Komplikationen. Sie treten zunächst an einem Auge auf und gehen während des Krankheitsverlaufs auf das andere Auge und weitere Organe über. Im Anfangsstadium sind die Beschwerden gering und schmerzfrei, so dass die Diagnose erschwert ist. Entstehen als Folgeerscheinung ein Offenwinkelglaukom oder Grüner Star, kommt es zu erhöhtem Augendruck, zum Gesichtsfeldverlust und zu einer Schädigung des Sehnervs.

Wer ist für das Pseudoexfoliationssyndrom anfällig?

Die Risikofaktoren zeigen sich im höheren Lebensalter, bei Menschen mit einer höheren Anfälligkeit für schleichende Entzündungen, bei genetisch bedingten Erkrankungen und beim weiblichen Geschlecht. Frauen sind dreimal mehr betroffen als Männer. Deutlich häufiger tritt das Pseudoexfoliationssyndrom auch in nördlichen Ländern auf. Zum ersten Mal beschrieben wurde es 1917 von dem finnischen Arzt und Ophthalmologen John G. Lindberg.

Wie lässt sich das Pseudoexfoliationssyndrom erkennen und behandeln?

Das Pseudoexfoliationssyndrom lässt sich nur schwer erkennen. Erst, wenn bereits Ablagerungen im vorderen Augenabschnitt sichtbar sind, kann der Augenarzt eine erste Diagnose stellen. Sie zeigen sich durch schuppig weisses oder graues, meist scheibenartiges Material, das sich auf der Oberfläche der Linse, im Kammerwinkel, an der Hornhautinnenseite und am Rand der Pupille sammelt. Möglich sind auch ein Irisschlottern, die Verfärbung der Iris und eine Linsenluxation.

Die Ursachen lassen sich nicht direkt behandeln. Die Erkrankung spricht gleichzeitig auf nur wenige Medikamente an. Angestrebt wird vor allem eine Therapie, bei der mögliche Schäden für das Auge reduziert werden sollen. Das ist mit der Verschreibung von Augentropfen, mit einer Laser-Therapie oder mit einem operativen Eingriff verbunden. Durch diese Massnahmen können der Augendruck gesenkt oder der Abfluss des Kammerwassers verbessert werden.

Die Diagnose des Pseudoexfoliationssyndroms

Am Anfang verläuft das Pseudoexfoliationssyndrom asymptomatisch. Hat sich bereits fibrilläres Material im Bereich der Linse und im Kammerwinkelgewebe abgelagert, ist die Diagnose mit Hilfe einer Spaltlampe und durch eine Gonioskopie möglich. Das Material ist elastisch und feinfaserig und innerhalb und ausserhalb des Auges zu finden.

Häufig zeigen sich erste Linsenveränderungen oder ein Ablösen von Pigmentzellen. Auch eine Fehlfunktion der Weitstellung der Pupille, ist ein Hinweis auf die fortschreitende Erkrankung. Je frühzeitiger die Diagnose gestellt wird, desto eher kann die Bildung eines Glaukoms verhindert werden. Spricht die Therapie nicht an, ist unter Umständen auch die Entfernung der Linse notwendig.

Fazit

Die sehr geringen Symptome und Auswirkungen im Anfangsstadium machen das Pseudoexfoliationssyndrom zu einer schwer diagnostizierbaren Erkrankung, die das Auge jedoch stark schädigen kann. Die Erkrankung kann durch Verlegungen im Trabekelwerk des Auges zu schweren Schädigungen wie einem Glaukom (Grünen Star) führen.Um frühzeitig ein Fortschreiten bei Patienten mit PEX und Komplikationen zu verhindern, ist die regelmässige Augenkontrolle empfehlenswert. Da sich die Therapie nicht grossartig von der für ein Glaukom unterscheidet, bestehen gute Möglichkeiten mittels Standardverfahren für die erfolgreiche Behandlung. Wichtig bleibt eine konsequente Therapie, da die Auswirkungen des PEX-Syndroms in unbehandelter Form zu einem frühzeitigen Erblinden führen.

Quellen

  • Timothy L Jackson: Moorfields Manual of Ophthalmology, third edition, Seite 345-346.
  • Nika Bagheri, Brynn N. Wajda: The Wills Eye Manual, 7th edition, Seite 217-218.
  • Alpa S. Patel, M.D., Sadiqa K. Stelzner, MD, FACS: Pseudoexfoliation Syndrome. Unter: https://eyewiki.aao.org/Pseudoexfoliation_Syndrome.
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