Nystagmus (Augenzittern)

Kategorien: Syndrome & AugenerkrankungenPublished On: 21. Januar 2024Von 6,6 min read

Dr. med. Richard Nagy

Ärztlicher Leiter, Facharzt für Augenheilkunde

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Inhaltsverzeichnis

nystagmus

Definition und Grundlagen von Nystagmus (Augenzittern)

Nystagmus ist eine unwillkürliche Augenbewegung, die oft als schnelle, rhythmische Bewegungen der Augäpfel charakterisiert wird. Diese Bewegungen können beim Blick horizontal (von Seite zu Seite), vertikal (nach oben und unten) oder rotatorisch (kreisend) sein. Vestibuläre Störungen oder neurologische Erkrankungen können z.B. die Ursachen für Nystagmus. Eine häufige Ursache für Nystagmus ist der sogenannte Lagerungsschwindel, der durch ungewöhnliche Kopfdrehungen oder -positionen ausgelöst werden kann. Der Nystagmus kann auch als Reaktion des Körpers auf eine Kopfdrehung auftreten, indem die Augen versuchen, sich auf ein sich bewegendes Ziel zu fokussieren. Dieser Typ des Nystagmus wird als vestibulär bezeichnet. Die Störung beeinflusst die Stabilität des zentralen Blickfeldes und somit die Sehschärfe. In der Bevölkerung tritt Nystagmus in der Regel relativ selten auf, wobei Schätzungen auf etwa 1 in 1.000 bis 2.000 Menschen hindeuten. Ein Nystagmus tritt bei zahlreichen Beeinträchtigungen der peripheren und zentralen vestibulären Funktionen auf, ebenso wie bei Störungen im zerebellären Bereich und durch Intoxikationen (durch Medikamente oder Alkohol). Dieser stellt oft ein spezifisches klinisches Zeichen dar, das präzise topografische oder anatomische Diagnosen ermöglicht, beispielsweise im Hirnstamm und Kleinhirn – eine Kernkompetenz eines jeden Neurologen. Die Störung kann aus einer Vielzahl von Gründen auftreten, darunter genetische Anomalien, Entwicklungsprobleme der Augen, neurologische Erkrankungen oder Verletzungen. Die Symptome und Auswirkungen von Nystagmus können variieren, von geringfügigen Sehbeeinträchtigungen bis hin zu schwerwiegenden Einschränkungen im täglichen Leben und in der sozialen Interaktion.

Typen von Nystagmus

In der Augenheilkunde gibt es verschiedene Nystagmusformen, sowie Typen:

Angeborener Nystagmus

Angeborener Nystagmus tritt normalerweise in den ersten Lebensmonaten auf und kann ein lebenslanges Problem darstellen. Obwohl er selten ist, hat er signifikante Auswirkungen auf die betroffenen Kinder und deren Familien. Während der optokinetische Nystagmus durch kurze Blickfixierungen und Folgebewegungen ein klares Bild ermöglicht, fehlt dem pathologischen Nystagmus eine feste Ausrichtung. Bei diesem sensorischen Nystagmus wird die volle Sehschärfe nie erreicht. Wenn eine Sehbehinderung von Geburt an besteht, wird sie vom betroffenen Kind oft nicht als solche erkannt, da es nichts anderes kennt. Angeborener Nystagmus tritt häufig in Verbindung mit einem Gendefekt und Albinismus auf. Charakteristisch für angeborenen Nystagmus sind:

  • Oft verbunden mit anderen genetischen oder entwicklungsbedingten Augenerkrankungen wie Albinismus oder bestimmten Formen der Retinopathie.
  • Kompensatorische Kopfbewegungen oder -haltungen, um die beste Sicht zu erlangen, insbesondere um den „Nullpunkt“ zu erreichen, bei dem die Augenbewegungen minimal sind.
  • In der Regel nicht mit neurologischen Erkrankungen assoziiert, ausser wenn er Teil eines grösseren Syndroms ist.

Erworbener Nystagmus

Im Gegensatz zum angeborenen Typ tritt der erworbene Nystagmus später im Leben auf und kann durch verschiedene Faktoren verursacht werden. Drogen wie Ecstasy können Nystagmus auslösen, indem sie zu einer gestörten Koordination zwischen dem Gleichgewichtssinn und dem Sehsinn führen. Die Beeinträchtigung des Gleichgewichtsorgans, kann Nystagmus durch Veränderungen der Körperlage oder intensives Schüttel des Kopfes ausgelöst werden. Dieser Typ ist weniger häufig, kann aber schwerwiegendere Auswirkungen haben. Zu den häufigsten Ursachen zählen:

  • Neurologische Bedingungen wie Schlaganfall, Multiple Sklerose oder Hirnverletzungen.
  • Toxische Einflüsse, einschliesslich Medikamentennebenwirkungen und Alkohol- oder Drogenmissbrauch.
  • Manchmal entwickelt er sich als Reaktion auf extreme psychische Belastungen oder Traumata.

Blickrichtungsnystagmus

Das charakteristische Merkmal eines Blickrichtungsnystagmus (BRN) besteht darin, dass die schnelle Phase jeweils in die Blickrichtung schlägt (nomen est omen). Daher wechselt der Nystagmus je nach Blickrichtung die Richtung: ein „Nystagmus mit Richtungswechsel“.

Die Kategorisierung des Blickrichtungsnystagmus (BRN) erfolgt in drei Varianten:

  1. Erschöpflicher Endstellnystagmus: Eine physiologische Form des Nystagmus, die bei maximaler Augenauslenkung für weniger als 10 Sekunden auftritt.
  2. Unerschöpflicher Endstellnystagmus: Tritt bei maximaler Auslenkung für über 10 Sekunden auf und ist in der Regel pathologisch, oft in Verbindung mit weiteren Störungen der Augenbewegungen.
  3. Blickrichtungsnystagmus im engeren Sinne: Nicht nur auf den Endstellnystagmus beschränkt und wird als pathologisch betrachtet.

Drei klinische Merkregeln:

  1. Allseitiger Blickrichtungsnystagmus (BRN): Deutet auf eine ursächliche Funktionsstörung im Bereich des Kleinhirns hin, insbesondere des Flocculus oder Paraflocculus, sowie bei Läsionen im Vestibulariskerngebiet. Häufige Ursachen sind degenerative Kleinhirnerkrankungen, Überdosierung von Medikamenten, insbesondere Antikonvulsiva, oder Alkohol.
  2. Isolierter horizontaler Blickrichtungsnystagmus: Kann auf eine strukturelle Läsion im Bereich des unteren Hirnstamms (Nucleus praepositus hypoglossi) hinweisen, beispielsweise durch eine Blutung oder einen Infarkt.
  3. Isolierter vertikaler Blickrichtungsnystagmus: Weist auf eine Läsion des INC (interstitieller Nucleus Cajal) im Mesencephalon gleicher Ätiologie hin.

Spontannystagmus

Der Begriff Spontannystagmus umfasst sämtliche unkontrollierbaren, rhythmischen, schnellen und langsamen Augenbewegungen, die bereits in Ruheposition auftreten, das heißt, ohne äußere Reize des visuellen und vestibulären Systems. Liegt ein Nystagmus bereits im geraden Blick, also in der sogenannten Primärposition, vor, handelt es sich um einen Spontannystagmus.Bei der Unterscheidung zwischen zentral und peripher induziertem Spontannystagmus deuten die folgenden Merkmale auf ein zentral-vestibuläres Syndrom hin: Der Nystagmus verändert seine Schlagrichtung abhängig von der Blickrichtung, und es liegt eine vertikale Divergenzstellung der Augen vor.

Symptome des Augenzitterns

Die Symptome von Nystagmus können je nach Typ und Schweregrad unterschiedlich sein, wobei die meisten Betroffenen verschiedene visuelle Beeinträchtigungen erleben. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • Visuelle Unschärfe und Instabilität, was die Fähigkeit beeinträchtigt, klar zu sehen und Objekte zu fokussieren.
  • Schwierigkeiten beim Lesen, Autofahren oder bei anderen Aktivitäten, die eine stabile Sicht erfordern.
  • Begleitende physische Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel und erhöhte Lichtempfindlichkeit.
  • Emotionale und soziale Herausforderungen, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, können zu sozialer Zurückhaltung und Schwierigkeiten in der Schule oder am Arbeitsplatz führen.

Diagnose

Für die klinische Untersuchung sind lediglich Ihre Augen, eine Frenzel-Brille oder M-Brille zur Unterdrückung der visuellen Fixation zur Differenzierung zwischen peripherem und zentralem Spontannystagmus, sowie eine Untersuchungsliege zur Durchführung von Lagerungsmanövern erforderlich. Die Diagnose von Augenbewegungsstörungen bzw. Nystagmus beinhaltet eine umfassende medizinische Bewertung durch einen Augenarzt, ergänzt durch neurologische Untersuchungen, wenn dies angezeigt ist. Der diagnostische Prozess umfasst:

  • Eine detaillierte Untersuchung der Augen, um die Art und das Muster der Augenbewegungen zu bewerten sowie die Sehschärfe und mögliche begleitende Augenprobleme zu ermitteln.
  • Eine gründliche Anamnese, die Informationen über den Beginn der Symptome, die Familienanamnese und mögliche frühere Augen- oder Kopfverletzungen umfasst.
  • Den Einsatz bildgebender Verfahren wie MRT oder CT, insbesondere bei Verdacht auf einen erworbenen Nystagmus, um neurologische Ursachen zu identifizieren oder auszuschliessen.
  • Zusätzliche Tests, um andere mit Nystagmus in Verbindung stehende Erkrankungen zu erkennen oder auszuschliessen.

Behandlung und Management

Die Behandlung von Nystagmus konzentriert sich auf die Linderung der Symptome und die Verbesserung der Funktionsfähigkeit im Alltag:

  • Optische Hilfsmittel wie speziell angepasste Brillen oder Kontaktlinsen sind häufig der erste Schritt zur Verbesserung der Sehschärfe.
  • Medikamentöse Behandlungen, die darauf abzielen, die Schwere der Augenbewegungen zu reduzieren, obwohl ihre Wirksamkeit von Fall zu Fall variieren kann.
  • Chirurgische Eingriffe zur Anpassung der Augenmuskeln, die in einigen Fällen die Symptome verbessern können.
  • Lebensstil- und Umgebungsanpassungen, die von speziellen Lesegeräten bis hin zu Vergrösserungssoftware reichen, sowie ergonomische Anpassungen in Bildungseinrichtungen oder am Arbeitsplatz, um den Alltag zu erleichtern.

Schlussfolgerung

Nystagmus ist eine seltene Augenstörung, die sich durch unwillkürliche Augenbewegungen auszeichnet, was die Sehfähigkeit beeinträchtigt. Es gibt zwei Haupttypen: angeborenen Nystagmus, der typischerweise in den ersten Lebensmonaten auftritt, und erworbenen Nystagmus, der durch Faktoren wie neurologische Erkrankungen oder Traumata ausgelöst werden kann. Die Symptome variieren, beinhalten jedoch häufig Sehprobleme, Schwierigkeiten beim Fokussieren und physische Beschwerden.

Die Diagnose erfolgt durch eine spezialisierte augenärztliche Untersuchung und ggf. ergänzende neurologische Tests. Behandlungsmethoden umfassen den Einsatz von optischen Hilfsmitteln, medikamentösen Therapien, chirurgischen Eingriffen sowie spezielle Anpassungen im täglichen Leben. Diese Massnahmen zielen darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.

Für Betroffene und ihre Familien sind die Augenärzte Chur eine wichtige Anlaufstelle. Sie bieten umfassende Beratung und Betreuung für Menschen mit Nystagmus und unterstützen bei der Bewältigung dieser Herausforderung.

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