Marcus-Gunn-Syndrom

Kategorien: Syndrome & AugenerkrankungenPublished On: 16. Oktober 2024Von 4,3 min read

Dr. med. Richard Nagy

Ärztlicher Leiter, Facharzt für Augenheilkunde

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Inhaltsverzeichnis

Das Bild stellt ein brünettes Mädchen mit dem Marcus Gunn Syndrom dar.

Das Marcus Gunn Syndrom, auch bekannt als Marcus Gunn Kiefer Winker Phänomen, ist eine seltene neurologische Störung, die meist angeboren ist und das Auge betrifft. Es zeichnet sich durch eine unwillkürliche Hebung des Oberlids aus, die mit Bewegungen des Kiefers zusammenhängt.

Die Erkrankung ist nach dem britischen Augenarzt Robert Marcus Gunn benannt, der das Syndrom erstmals 1883 beschrieb. Die Erkrankung erlangte in der breiten Öffentlichkeit Aufmerksamkeit, als bekannt wurde, dass Bushidos Tochter Laila davon betroffen ist.

Ursachen und Pathophysiologie des Marcus-Gunn-Syndroms

Das Marcus-Gunn-Syndrom entsteht durch eine anomale Nervenverbindung zwischen dem dritten Hirnnerv (Nervus oculomotorius), der für die Bewegung der Augenlider verantwortlich ist, und dem fünften Hirnnerv (Nervus trigeminus), der die Kaumuskulatur steuert. Es zeigt sich durch eine unkontrollierte Bewegung des Musculus levator palpebrae, die bei Bewegungen des Unterkiefers auftritt. Durch diese Fehlverbindung hebt sich das Augenlid unwillkürlich, sobald der Kiefer bewegt wird. Zum Beispiel beim Kauen, Gähnen oder Öffnen des Mundes.

Gut zu wissen: Der Musculus levator palpebrae superioris (Hebemuskel des Oberlids) ist ein Skelettmuskel der Augenmuskulatur und gehört zu den Anhangsorganen des Auges. Seine Hauptaufgabe ist, das obere Augenlid (Palpebra superior) nach oben und zurückzuziehen. Dadurch wird die Lidspalte (Rima palpebrarum) geöffnet. Er koordiniert seine Bewegungen mit dem Musculus rectus superior, sodass das Oberlid beim Aufblick angehoben und beim Abblick abgesenkt wird.

Die genaue Ursache dieser Fehlverbindung ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch vermutet, dass es sich um eine fehlerhafte Entwicklung während der Embryonalphase handelt. Das Syndrom tritt häufig sporadisch auf, es gibt jedoch Berichte über familiäre Häufungen, was auf eine genetische Komponente hindeuten könnte.

Symptome des Marcus-Gunn-Syndroms

Die primären Symptome des Marcus-Gunn-Syndroms sind:

  • Unwillkürliche Hebung des Oberlids (Ptosis): Dies geschieht typischerweise während Bewegungen des Kiefers. In ruhigem Zustand kann das betroffene Lid herabhängen, während es bei Kieferbewegungen plötzlich hochschnellt.
  • Asymmetrie des Augenlids: Ein Auge scheint in seiner Position normal, während das andere durch die Ptosis tiefer liegt.
  • Beeinträchtigtes Sehvermögen: Durch die Ptosis kann das Sehfeld des betroffenen Auges eingeschränkt sein. In schwereren Fällen wird das betroffene Auge vernachlässigt und eine Amblyopie (Schwachsichtigkeit) hervorgerufen.
  • Strabismus (Schielen): In einigen Fällen kann das Marcus-Gunn-Syndrom auch mit Schielen verbunden sein. In diesen Fällen kann es zu Doppelbildern kommen.
  • Astigmatismus und Refraktionsfehler: Durch eine fehlerhafte Krümmung der Hornhaut kann die Sehqualität beeinträchtigt werden.

Die Ausprägung der Symptome variiert stark: Bei einigen Patienten ist die Lidhebung kaum sichtbar, während andere eine auffällige Lidbewegung zeigen.

Diagnostik

Die Diagnose des Marcus-Gunn-Syndroms erfolgt in der Regel durch eine klinische Untersuchung. Der Augenarzt beobachtet die Lidbewegung während der Kieferbewegungen und hält Ausschau nach den charakteristischen Anomalien. Demnach ist eine umfassende Untersuchung der Augenmuskelfunktionen, des Sehvermögens und möglicher Begleiterscheinungen wie Strabismus oder Amblyopie notwendig.

Bildgebende Verfahren, wie Magnetresonanztomographie (MRT), werden durchgeführt, damit zugrundeliegende neurologischen Anomalien oder Tumore ausgeschlossen werden können.

Behandlung

Derzeit gibt es keine spezifische Heilung für das Marcus-Gunn-Syndrom. Die Behandlung hängt stark von der Schwere der Symptome ab. Sie soll vor allem mögliche Sehprobleme korrigieren und kosmetischen Gesichtspunkten Rechnung tragen.

Das sind mögliche Behandlungsmethoden:

  • Korrektur von Sehfehlern: Wenn das Kind eine Amblyopie oder einen Strabismus entwickelt, wird eine frühzeitige Behandlung durch Augenpflaster oder spezielle Brillen empfohlen. Dadurch soll das Sehen auf dem betroffenen Auge verbessert werden.
  • Chirurgische Eingriffe: Bei stark ausgeprägter Ptosis, die das Sehen erheblich beeinträchtigt, kann eine chirurgische Korrektur in Betracht gezogen werden. Dabei wird in der Regel das Oberlid angehoben, um das Sehfeld zu erweitern und eine symmetrischere Augenpartie zu schaffen. Da das Syndrom in der Regel angeboren ist, wird oft empfohlen, mit einer Operation zu warten, bis das Kind älter ist und sich das Lid stabilisiert hat.
  • Therapie für kosmetische Zwecke: In leichten Fällen, in denen das Syndrom nur geringfügige ästhetische Auswirkungen hat, ist keine Behandlung notwendig. Es gibt jedoch Fälle, bei denen sich das Kind oder die Eltern aus kosmetischen Gründen eine Verbesserung wünschen.
  • Augenübungen und Physiotherapie: In einigen Fällen kann durch gezielte Übung die Kontrolle über die Lidbewegungen verbessert werden. Die Fehlbildung der Nerven bleibt jedoch bestehen.

Prognose

Die Prognose des Marcus-Gunn-Syndroms ist im Allgemeinen als gut zu bewerten. Vor allem, wenn die Sehkraft durch frühzeitige Behandlung der Amblyopie und Strabismus gesichert wird. Obwohl das Syndrom meist lebenslang besteht, können viele Betroffene ein weitgehend normales Leben führen.

Kosmetische Probleme können jedoch belastend sein, weshalb die Entscheidung für oder gegen chirurgische Eingriffe von Fall zu Fall unterschiedlich ist. In schweren Fällen, in denen die Sicht durch die Ptosis stark eingeschränkt ist, kann eine Operation sinnvoll sein. Dadurch soll das Aussehen und die Funktion des betroffenen Auges verbessert werden.

Fazit: Marcus-Gunn-Syndrom

Das Marcus-Gunn-Syndrom ist eine seltene, aber gut erkennbare neurologische Erkrankung, die das Oberlid betrifft und mit Kieferbewegungen verbunden ist. Die Symptome sind meist harmlos, können jedoch in bestimmten Fällen die Sehfähigkeit beeinträchtigen und kosmetische Probleme verursachen. Durch eine frühzeitige Diagnose und regelmäßige augenärztliche Betreuung können mögliche Komplikationen vorgebeugt werden.

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