Lidkrampf (Blepharospasmus)

Kategorien: AugenliderkrankungenPublished On: 14. März 2023Von 6,4 min read

Dr. med. Gabriele Valaisaite

Fachärztin für Augenheilkunde

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Inhaltsverzeichnis

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Wissenswertes rund um den Lidkrampf

Der Lidkrampf wird medizinisch als Blepharospasmus bezeichnet und ist eine muskuläre Verkrampfung im Bereich der das Auge umgebenden Muskulatur. Die Ursache für das Phänomen bleibt häufig unbekannt und das Phänomen kann sich unbehandelt deutlich verstärken.

Definition Lidkrampf (Blepharospasmus)

Der Blepharospasmus (von griechisch: belapharon = Augenlid, spasmos = Krampf) bezeichnet einen Krampf des Augenlids, der sowohl an nur einem als auch beiden Augen in Erscheinung treten kann. Er wird ausgelöst durch eine dauerhafte Kontraktion (Zusammenziehen) des sogenannten Augenringmuskels (Musculus orbicularis oculi). Der Muskel umgibt das Auge und schliesst dabei auch die Lidspalte ein. Er sorgt dafür, dass Mimik möglich ist.

Ein Augenlidkrampf kann nicht willentlich beeinflusst werden. Er tritt häufiger bei Frauen als bei Männern in Erscheinung und hier überwiegend ab dem mittleren Lebensalter bis ins hohe Alter hinein. Im europäischen Raum sind bei einer Anzahl von 100.000 Menschen etwa drei bis vier von einem Lidkrampf betroffen.

In der Medizin wird der Blepharospasmus der Gruppe von im Gehirn verursachten Bewegungsstörungen zugeordnet. Bewegungstörungen dieser Art werden im Fachjargon als fokale Dystonien bezeichnet. Weitere Dystonien sind zum Beispiel Beschäftigungsdystonien, spasmodische Dystonie, oromandibuläre Dystonie und Meige-Syndrom. Bei dem Meige-Syndrom handelt es sich um eine Kombination aus dem Blepharospasmus (Lidkrampf) und der oromandibulärer Dystonie.

Die unterschiedlichen Formen des Blepharospasmus

Es gibt drei verschiedene Formen des Augenlidkrampfes, die sich anhand der Erscheinungsmerkmale deutlich voneinander unterscheiden.

Klassischer Blepharospasmus

Beim klassischen Augenlidkrampf tritt die Verkrampfung in regelmässiger Wiederholung auf. Diese Form wird auch klonischer (von griechisch: klonos = heftige Bewegung) Blepharospasmus bezeichnet. Die Spasmen sind von generell eher kurzer Natur und können zusätzlich auch auf die Muskulatur rund um Nase und Stirn übergehen.

Tonischer Blepharospasmus

Bei einem tonischen (von lateinisch: tonus = Spannung) Lidkrampf findet eine dauerhafte Kontraktion statt. Die Spasmen halten hierbei vergleichsweise lange an und betreffen dabei den Augenringmuskel. Das Resultat ist in der Regel eine anhaltende Verengung des Lidspaltes.

Lidöffnungsinhibitionstyp

Bei der Lidöffnungsinhibition (Inhibition = Hemmung) besteht keine muskuläre Verkrampfung, sondern stattdessen eine Kontraktion (von lateinisch: contrahere = zusammenziehen) im Bereich des Stirnmuskels. Sie führt dazu, dass Betroffene Probleme mit dem Öffnen der Augen haben. Diese Variante des Blepharospasmus kommt weitaus seltener vor als die beiden anderen Formen und lässt sich darüber hinaus auch wesentlich schwerer diagnostizieren.

Auslöser für einen Lidkrampf

Die Ursachen für einen Blepharospasmus sind unterschiedlich. Nicht immer lässt sich ein eindeutiger Auslöser für den Augenlidkrampf bestimmen.

Essenzieller Lidkrampf

Der essenzielle Blepharospasmus wird auch als primäre Verlaufsform bezeichnet. Hier kann kein konkreter Auslöser für das Phänomen erkannt beziehungsweise bestimmt werden. Diese Variante des Lidkrampfs ist die deutlich häufigere Form. Betroffene Patienten beschreiben hier eine Zunahme der Symptome während Stresssituationen sowie im Verlauf von Situationen, die als emotional belastend erlebt werden. Auch ein besonders heller Lichteinfall oder auch Lesen können die Beschwerden verstärken.

Symptomatischer Lidkrampf

Ein symptomatischer Blepharospasmus gehört zur sekundären Verlaufsform. Hier wird als auslösender Faktor eine zugrunde liegende Erkrankung der Augen oder auch der Nerven angenommen. Ebenso ist eine Schädigung im Bereich des zentralen Nervensystems möglich. Auch Nebenwirkungen von Medikamenten, neurologische Erkrankungen (vor allem Parkinson) oder bestehende Entzündungen an den Augen sind als auslösende Faktoren möglich.

Symptome des Lidkrampfs

Ein Blepharospasmus zeichnet sich durch sehr unterschiedliche Symptome aus, die sich bei jedem Patienten verschieden äussern können. Als wichtigstes gemeinsames Symptom bei einem Lidkrampf ist jedoch doch das unkontrollierbare Zusammenziehen der Augenlider zu nennen.

Hinsichtlich Ausmass und Dauer der Lidkrämpfe bestehen erhebliche Unterschiede. Hier spielt vor allem der zeitliche Aspekt eine Rolle. Je länger bestehende Symptome ignoriert werden, desto gravierender können die Auswirkungen sein. So stellt beispielsweise ein Lidverschluss eine Problematik dar, der sich erheblich auf das Sehvermögen auswirkt und langfristig auch zu einer funktionellen Blindheit führen kann.

Es ist sinnvoll, bereits bei den ersten Symptomen eines Blepharospasmus einen Augenarzt aufzusuchen, vor allem, um zu klären, um welches Phänomen es sich beim Lidkrampf handelt. Bei vielen Betroffenen beginnen die Symptome des Lidkrampfs vergleichsweise harmlos, etwa in Form eines Fremdkörpergefühls innerhalb des Auges, das zu einem vermehrten Blinzeln führt.

Diagnostik des Lidkrampfs

Die Diagnose eines Blepharospasmus wird entweder von einem Augenarzt oder auch einem Neurologen gestellt. Zunächst erhebt der Arzt in Form der Anamnese die Krankheitsgeschichte des Patienten. Er erkundigt sich nach den genauen Beschwerden inklusive der zeitlichen Dauer, mit der sie bereits bestehen. Auch eventuelle Grunderkrankungen werden hierbei berücksichtigt.

Im weiteren Verlauf nimmt der Arzt eine ausführliche Untersuchung beider Augen vor. Ein wichtiger Bestandteil dabei ist die Blinzelfrequenz. Bei symptomfreien Augen liegt diese Frequenz bei mindestens zehn und maximal 20-mal in jeder Minute. Bei Vorliegen eines Blepharospasmus ist die Frequenz deutlich erhöht und weist mindestens 27 Blinzelbewegungen pro Minute auf.

Bei Bedarf wird im Bereich des Augenringmuskels eine spezielle Messung der elektrischen Aktivität vorgenommen. Dies geschieht mithilfe einer Elektromyographie (EMG). Bei einem sekundären Lidkrampf kann darüber hinaus durch ein bildgebendes Verfahren, in dem Fall eine Magnetresonanztomographie (MRT), die genaue Ursache bessere eingegrenzt werden.

Therapie des Blepharospasmus

Grundsätzlich ist die Behandlung bei einem primären Blepharospasmus schwieriger als bei der sekundären Form. Dies liegt daran, dass die Ursache unbekannt ist und meist nur versucht werden kann, die Symptome zu lindern. Eine Heilung ist meist nicht möglich. Nur durch die Injektion des Wirkstoffs Botulinumtoxin können die Kontraktionen verringert werden. Botulinumtoxin ist der Fachbegriff für Botox. Das Nervengift wirkt jedoch immer nur für einen Zeitraum von einigen Wochen und muss jeweils erneuert werden. Mögliche Nebenwirkungen der Injektion können beispielsweise die Ptosis oder Ektropium sein. Unter Ptosis wird medizinisch das Herabhängen des Oberlids verstanden.

Generell wird außerdem eine Reduktion von auslösenden Faktoren empfohlen. Dazu zählen beispielsweise helle Lichtreflexe, häufige Stresssituationen sowie emotionale Belastungen. Unterstützend werden Entspannungsverfahren empfohlen, beispielsweise Autogenes Training oder auch Meditation.

Beim sekundären Blepharospasmus geht es vorrangig um eine therapeutische Intervention bei der bestehenden Grunderkrankung, die den Lidkrampf verursacht hat. Hier ist der Blepharospasmus lediglich das Begleitphänomen einer auslösenden Erkrankung, die entsprechend behandelt werden muss.

Verlauf und Prognose des Lidkrampfs

Bei einem Lidkrampf ist das zeitnahe Aufsuchen eines Arztes sinnvoll. Unbehandelt kann sich mit der Zeit die Frequenz des Blinzelns drastisch erhöhen und die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen. Die Prognose richtet sich wesentlich danach, ob eine Ursache für das Krankheitsbild gefunden werden kann. In dem Fall verschwindet üblicherweise der Blepharospasmus durch die Behandlung und Heilung der Ursprungserkrankung.

Wird kein Auslöser gefunden, lässt sich zumindest die Symptomatik durch regelmäßige Botulinumtoxin-Injektionen gut regulieren. In einigen Fällen verändert sich die Optik des Augenlids durch einen langen fortdauernden Lidkrampf. Dies zeigt sich beispielsweise in Form eines herabhängenden Lids. Bei Bedarf kann dies durch einen chirurgischen Eingriff reguliert werden. Falls keine andere Möglichkeit erfolgreich ist, lässt sich der zuständige Muskel auch vollständig entfernen.

Konkrete vorbeugende Maßnahmen, die einen Lidkrampf verhindern, sind nicht bekannt. Im besten Fall wird allzu starkes Sonnenlicht beziehungsweise generell besonders helles Licht möglichst vermieden. Auch sehr langes Fernsehen ist wenig hilfreich.

Fazit

Die Vielschichtigkeit auslösender Faktoren macht eine Einschätzung des Verlaufs bei einem Lidkrampf äußerst schwierig. Sinnvoll ist ein Arztbesuch bereits bei den ersten sich wiederholenden Anzeichen. Auch Maßnahmen, die der Reduktion von Stress dienen, gelten als hilfreich. Prinzipiell gilt es eine bestehende Grunderkrankung zu behandeln, um die Symptome zu verhindern. Ohne genaue Ursache können die Symptome eines Lidkrampfs zumindest medikamentös minimiert werden.

Quellen

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