Hornhautdystrophien
Dr. med. Gabriele Valaisaite
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Inhaltsverzeichnis
Hornhautdystrophien
Hornhautdystrophien (Endothelial Corneal Dystrophy) sind eine heterogene Gruppe von erblichen Erkrankungen der Hornhaut in der Augenheilkunde, die sich auf die Hornhaut des Auges auswirken und zu einer Vielzahl von beidseitigen Sehbeeinträchtigungen führen können. Diese Hornhauterkrankungen variieren in ihrer Ausprägung und Intensität und können von milden Sehstörungen bis hin zu schweren Beeinträchtigungen der Sehfähigkeit reichen. Der folgende Text bietet einen umfassenden Überblick über die Krankheit, einschliesslich einer detaillierten Beschreibung ihrer Definition, Klassifikation, Symptome, Ursachen, Diagnosemethoden, Behandlungsansätze und des aktuellen Forschungsstands.
Definition und Grundlagen
Hornhautdystrophien sind Mutationen der Hornhaut, die strukturelle und funktionelle Veränderungen in der Cornea des Auges bewirken. Die Vererbung erfolgt je nach genetischer Ursache autosomal-dominant, autosomal-rezessiv oder X-chromosomal-rezessiv. Die Cornea, eine klare, gewölbte Struktur, die das Auge bedeckt, spielt eine entscheidende Rolle bei der Lichtbrechung und ist wesentlich für ein klares Sehvermögen. Jede Abweichung in ihrer Klarheit oder Struktur kann die Sehqualität beeinträchtigen. Diese Krankheiten sind typischerweise progressiv, was bedeutet, dass sie sich mit der Zeit verschlechtern können. Ausserdem sind sie meist bilateral und symmetrisch, was bedeutet, dass beide Augen betroffen sind, oft in ähnlicher Weise. Der Krankheit liegen Mutationen im TGFBI Gen auf Chromosom 5 zugrunde. Es wurden bereits weitere Gene entdeckt, bei denen eine Mutation mit Hornhautdystrophien in Verbindung gebacht wurden, wie z.B. TCF4, CHST6, etc.
Klassifikation der Hornhautdystrophien
Die Krankheit betrifft verschiedene Schichten der Hornhaut und können zu erheblichen Sehbeeinträchtigungen führen. Die Einteilung in verschiedene Typen basiert auf der betroffenen Hornhautschicht sowie auf spezifischen vererbbaren und klinischen Merkmalen. Hier ist eine ausführlichere Beschreibung der verschiedenen Typen von Hornhautdystrophien anhand ihrer Lokalisation:
Epitheliale Hornhautdystrophie
Diese Deformierungen betreffen das Epithel, die oberste Schicht der Cornea.
- Epitheliale Basalmembrandystrophie (EBMD): Auch bekannt als Map-Dot-Fingerprint-Dystrophie, ist eine häufige Form, die durch Unregelmässigkeiten in der Basalmembran gekennzeichnet ist. Diese Unregelmässigkeiten führen zu einer schlechten Haftung des Epithels, was wiederkehrende Erosionen, Schmerzen und eine Beeinträchtigung des Sehvermögens verursachen kann. Die Krankheit wird oft bei Erwachsenen mittleren Alters diagnostiziert und kann mit topischen Medikamenten oder chirurgischen Eingriffen behandelt werden.
- Meesemann-Dystrophie: Eine seltene, meist in der Kindheit beginnende Dystrophie, die durch winzige, punktförmige Trübungen im Epithel gekennzeichnet ist. Obwohl diese Trübungen das Sehvermögen nur geringfügig beeinträchtigen, können sie zu Irritationen und gelegentlichen Schmerzen führen.
Stromale Hornhautdystrophie
Diese Gruppe betrifft das Stroma, die mittlere Schicht der Kornea.
- Granuläre Hornhautdystrophie: Charakterisiert durch die Ansammlung von hyalinen Ablagerungen im Stroma, die wie kleine Körner aussehen. Diese Ablagerungen können die Sehschärfe beeinträchtigen und zu Blendung führen. Die Krankheit tritt oft in der Kindheit oder im frühen Erwachsenenalter auf und kann im Laufe des Lebens fortschreiten.
- Makuläre Hornhautdystrophie: Eine schwerere Form, die sich durch diffuse, trübe Ablagerungen im gesamten Stroma auszeichnet. Diese Dystrophie kann zu einer erheblichen Sehverschlechterung führen und erfordert häufig eine chirurgische Behandlung. Sie ist oft mit systemischen metabolischen Störungen assoziiert.
- Gitter-Hornhautdystrophie (Lattice-Hornhautdystrophie): Gekennzeichnet durch amyloidartige Ablagerungen, die in einem netzartigen Muster im Stroma erscheinen. Die Patienten leiden oft unter wiederkehrenden Erosionen und einer fortschreitenden Sehbeeinträchtigung. Diese Form kann auch mit systemischen Krankheiten wie Amyloidose verbunden sein.
Endotheliale Hornhautdystrophie
Diese Deformierungen betreffen das Endothel, die innerste Schicht der Hornhaut.
- Fuchs-Endotheldystrophie: Eine der häufigsten Formen, die sich durch eine allmähliche Degeneration der Endothelzellen auszeichnet. Dies führt zu einer Schwellung, Hornhauttrübung und morgendlichen Sehstörungen. Die Krankheit tritt häufiger bei Frauen auf und wird meist in der zweiten Lebenshälfte diagnostiziert.
- Posteriore polymorphe Hornhautdystrophie: Eine seltene Form, die durch eine abnormale Verdickung und Blasenbildung des Endothels gekennzeichnet ist. Sie kann zu einer Trübung der Hornhaut und in einigen Fällen zu einem erhöhten Augeninnendruck führen, was das Risiko für Glaukom erhöht.
Seltene und Gemischte Formen
- Schnyder zentrale kristalline Hornhautdystrophie: Diese seltene Form ist durch kristalline Cholesterinablagerungen im zentralen Stroma gekennzeichnet, die zu einer Trübung und Sehverschlechterung führen können. Sie wird oft in Verbindung mit systemischen Stoffwechselstörungen gesehen.
- Kongenitale hereditäre Endotheldystrophie: Eine sehr seltene, bereits bei der Geburt vorhandene Krankheit, die durch eine Verdickung und Hornhauttrübung gekennzeichnet ist. Sie kann zu erheblichen Sehbeeinträchtigungen führen und erfordert in der Regel eine frühzeitige chirurgische Intervention.
Symptome der Hornhautdystrophien
Die Symptome variieren je nach Typ der Hornhautdystrophie, aber es gibt einige gemeinsame Anzeichen, die bei vielen dieser Krankheiten auftreten können. Hier eine Auflistung der Symptome, gegliedert nach allgemeinen und typspezifischen Anzeichen:
Allgemeine Symptome
- Sehbeeinträchtigungen: Verschwommenes oder verzerrtes Sehen.
- Lichtempfindlichkeit: Unbehagen oder Schmerzen bei hellem Licht.
- Augenschmerzen: Schmerzen, die von mild bis stark reichen können, insbesondere bei Episoden von Erosionen.
- Tränende Augen: Übermässiges Tränen oder Feuchtigkeit der Augen.
- Fremdkörpergefühl: Das Gefühl, dass etwas im Auge ist.
- Sehverschlechterung bei Feuchtigkeit: Symptome, die sich in feuchten Umgebungen wie nach dem Aufwachen verschlimmern.
Spezifische Symptome nach Typ
Epitheliale Hornhautdystrophie
- Wiederkehrende Erosionen: Schmerzhafte Risse in der Hornhautoberfläche.
- Kleine, punktförmige Trübungen: Sichtbare Markierungen auf der Hornhaut.
- Episodische Schmerzen und Irritationen: Besonders morgens.
Stromale Hornhautdystrophie
- Trübungen in verschiedenen Mustern: Je nach Subtyp (granulär, makulär, Gitter).
- Allmähliche Sehverschlechterung: Fortschreitender Verlust der Sehschärfe über Jahre.
- Blendungsempfindlichkeit: Probleme bei hellem Licht oder beim Autofahren nachts.
Endotheliale Hornhautdystrophie
- Hornhautödem: Schwellung der Hornhaut, insbesondere morgens.
- Hornhauttrübung: Sichtbare Veränderungen in der Klarheit der Hornhaut.
- Reduzierte Sehschärfe: Verschwommene Sicht, die sich im Laufe des Tages verbessern kann.
Zusätzliche Symptome bei fortgeschrittenen Stadien
- Erhöhtes Risiko für Hornhauterosionen: Häufiger bei epithelialen und einigen stromalen Deformierungen.
- Schwere Sehbehinderung: In fortgeschrittenen Fällen, insbesondere bei unbehandelten oder schweren Formen.
Diese Symptome können sich im Laufe der Zeit entwickeln und variieren in ihrer Intensität. Die genaue Art und Schwere der Symptome hängt stark von der spezifischen Art der Krankheit ab. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung durch einen Ophthalmologe sind entscheidend, um das Sehvermögen zu erhalten und die Lebensqualität zu verbessern.
Ursachen und Genetik
Hornhautdystrophien sind meistens erblich bedingt und folgen in der Regel einem autosomal-dominanten Erbgang. Dies bedeutet, dass die Vererbung der Krankheit von nur einem Elternteil ausgehen kann. Die erbliche Grundlage dieser Krankheiten umfasst Mutationen in verschiedenen Genen, die für die Aufrechterhaltung der Struktur und Funktion der Hornhaut entscheidend sind. Ein besseres Verständnis der erblichen Grundlagen könnte zukünftig gezielte Therapien ermöglichen.
Diagnostik
Die Diagnose der Krankheit erfordert eine gründliche augenärztliche Untersuchung. Hierzu gehören Techniken wie die Spaltlampenuntersuchung, die eine detaillierte Betrachtung der Hornhaut ermöglicht, Hornhauttopographie zur Beurteilung ihrer Form und genetische Tests, um die spezifische Art der Dystrophie zu bestimmen. Frühe Diagnose ist entscheidend, um den Verlauf der Krankheit zu verfolgen und rechtzeitig Behandlungsmöglichkeiten zu erwägen.
Management und Behandlung der Hornhautdystrophien
Die Behandlung von Hornhautdystrophien umfasst verschiedene Therapieoptionen, die je nach Art und Schweregrad der Dystrophie ausgewählt werden. Hier sind die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten detailliert aufgeführt:
Konservative Behandlungen
Lubrikantien und Augentropfen
- Zur Linderung von Symptomen wie Trockenheit, Reizung und Fremdkörpergefühl.
- Hypertonische Salzlösungen, um bei endothelialen Dystrophien ein Hornhautödem zu reduzieren.
Weiche Kontaktlinsen
- Schützen die Hornhautoberfläche, verbessern den Komfort und können helfen, wiederkehrende Erosionen zu vermeiden.
- Können auch zur Verbesserung der Sehschärfe bei bestimmten Dystrophien verwendet werden.
Medikamentöse Schmerzbehandlung
- Einsatz von schmerzstillenden Augentropfen oder oralen Schmerzmitteln bei akuten Schmerzepisoden.
Chirurgische Behandlungen
Phototherapeutische Keratektomie (PTK)
- PTK ist ein Laser-Verfahren zur Glättung der Hornhautoberfläche und Behandlung von wiederkehrenden Erosionen.
- Kann auch bei bestimmten Typen der stromalen Dystrophien eingesetzt werden, um Sehqualität zu verbessern.
Anteriore lamelläre Keratoplastik (ALK)
- Ein chirurgischer Eingriff, bei dem die vorderen Hornhautschichten ohne Beeinträchtigung des Endothels ersetzt werden.
- Geeignet für Dystrophien, die hauptsächlich das Stroma betreffen.
Endotheliale Keratoplastik (DMEK)
- Transplantation der innersten Schichten der Hornhaut (Endothel), vor allem bei endothelialen Dystrophien wie der Fuchs-Dystrophie.
- Bietet Vorteile wie ein geringeres Abstossungsrisiko und eine schnellere Heilung im Vergleich zur vollständigen Hornhauttransplantation.
Penetrierende Keratoplastik (PKP)
- Vollständiger Ersatz der Hornhaut durch ein Spendergewebe.
- Notwendig in fortgeschrittenen Fällen verschiedener Hornhautdystrophien.
Experimentelle und Zukünftige Behandlungen
Gentherapie
- Befindet sich noch in der Forschungsphase und zielt darauf ab, erbliche Ursachen bestimmter Hornhautdystrophien direkt zu behandeln.
Stammzelltherapie
- Erforscht die Möglichkeit, Hornhautgewebe mittels Stammzellen zu regenerieren.
Neue Medikamente und topische Therapien
- Entwicklung neuer Medikamente, die spezifisch auf pathologische Prozesse bei Hornhautdystrophien abzielen.
Unterstützende Massnahmen
Regelmässige augenärztliche Kontrollen
- Wichtig für die Überwachung des Krankheitsverlaufs und die Anpassung der Behandlungsstrategie.
Anpassung der Lebensgewohnheiten
- Vermeidung von Umständen, die die Symptome verschlimmern könnten, wie lange Bildschirmarbeit oder starke Sonneneinstrahlung.
Aufklärung und Beratung
- Wichtige Komponenten, um Patienten über den Verlauf ihrer Krankheit, Behandlungsoptionen und Selbsthilfestrategien zu informieren.
Die Behandlung von Hornhautdystrophien erfordert oft einen massgeschneiderten Ansatz, der die spezifischen Bedürfnisse und Symptome des einzelnen Patienten berücksichtigt. Fortschritte in der medizinischen Forschung und Technik eröffnen kontinuierlich neue und verbesserte Behandlungsmöglichkeiten.
Prävention und Forschung
Da Hornhautdystrophien hauptsächlich genetische Ursachen haben, gibt es derzeit keine spezifischen Präventionsmassnahmen. Die Forschung konzentriert sich auf das Verständnis der erblichen Mechanismen, die diesen Krankheiten zugrunde liegen, und auf die Entwicklung innovativer Behandlungsansätze, einschliesslich Gentherapie und fortschrittlicher chirurgischer Techniken.
Zusammenfassung
Hornhautdystrophien sind eine Gruppe erblich bedingter Krankheiten, die die Hornhaut des Auges betreffen. Sie variieren in ihrer Ausprägung und können von leichten Sehbeeinträchtigungen bis hin zu schweren Sehstörungen reichen. Diese Krankheiten beeinflussen unterschiedliche Schichten der Hornhaut und haben diverse Symptome wie Trübungen, Schmerzen, Lichtempfindlichkeit und verminderte Sehschärfe. Die Behandlungsmöglichkeiten reichen von konservativen Methoden wie Augentropfen und Kontaktlinsen bis hin zu verschiedenen chirurgischen Eingriffen, abhängig vom Typ und Schweregrad der Dystrophie.
Für Betroffene und Interessierte, die Fragen zu Hornhautdystrophien haben oder Unklarheiten bezüglich ihrer Diagnose oder Behandlung klären möchten, stehen die Churer Augenärzte gerne zur Verfügung. Sie bieten fachkundige Beratung und Unterstützung, um individuelle Behandlungspläne zu entwickeln und die bestmögliche Versorgung zu gewährleisten.