Hagelkorn (Chalazion)

Kategorien: AugenliderkrankungenPublished On: 12. April 2022Von 4,7 min read

Dr. med. Richard Nagy

Ärztlicher Leiter, Facharzt für Augenheilkunde

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Inhaltsverzeichnis

hagelkorn

Wenn sich direkt am Auge plötzlich eine deutliche, mehr oder weniger schmerzhafte Schwellung entwickelt, spricht der Augenarzt von einem Hagelkorn oder Gerstenkorn. Über den Unterschied beider Krankheitsbilder soll an dieser Stelle etwas informiert werden.

 

Was ist ein Hagelkorn (Chalazion)?

 

Umgangssprachlich wird die fortschreitende Schwellung des Lidrandes, die meistens weitgehend schmerzfrei, wenngleich unangenehm störend verläuft, oft als Hagelkorn bezeichnet.

 

Warum kommt es zu einer derartigen Anschwellung des Lidrandes?

 

Die Ursache dafür ist in aller Regel eine Entzündung der Meibom- oder Zeisdrüsen, die sich dabei deutlich vergrössern. Tatsächlich sind unsere Augenlider mit einer ganzen Reihe verschiedener Drüsen versehen. Zu ihren Aufgaben gehört zum Beispiel die Produktion des Tränensekrets oder des die Hornhaut (Cornea) schützenden Flüssigkeitsfilms. Besonders wichtige Funktionen im Bereich der Augen haben die:

 

  • Meibom-Talgdrüsen auf der Innenseite der Augenlider
  • Zeis-Talgdrüsen am Wimpernansatz
  • serösen Molldrüsen, die ein serumähnliches Sekret absondern

 

Je nachdem, welche dieser Drüsen sich entzündet hat, ergibt sich ein etwas anderes Krankheitsbild und ein anderer Krankheitsverlauf, was Konsequenzen für die Wahl der Therapie hat.

 

Welche Symptome zeigen sich bei einem Chalazion?

 

Ein Hagelkorn entsteht durch einen Sekretstau in den Talgdrüsen am Lidrand, den sogenannten Meibom- oder Zeisdrüsen. Wenn sich die Zeis- oder Meibomdrüsen entzündet haben, kommt es zu Verschlüssen der Drüsenausführgänge und es entwickelt sich ein Hagelkorn, wobei der folgende Unterschied bemerkenswert ist:

 

  • Sind die Zeisdrüsen betroffen, ergibt sich ein oberflächliches Chalazion.
  • Im Falle der Meibomdrüsen liegt das Chalazion etwas tiefer.

 

Die Augenlidentzündung ist im Grunde eine Folge des Sekretstaus und löst eine Aktivierung des Immunsystems aus. Das Chalazion tritt meistens am unteren Bereich des Lides auf. Es bildet sich ein Knoten am Oberlid oder Unterlid, verursacht aber selten Schmerzen und beeinträchtigt auch das Sehvermögen kaum. Die Entzündung aber ist nicht infektiös und wird somit nicht durch Bakterien oder andere Erreger ausgelöst.

 

Worin liegen die Unterschiede zum Gerstenkorn?

 

Das Hagelkorn sollte nicht mit einem Gerstenkorn (Hordeolum) verwechselt werden.
Letzteres ist eine akute Augenentzündung bestimmter Drüsen am Lidrand. Entsprechend der genauen Lage unterscheidet man zwei Varianten des Gerstenkorns:

 

  1. Das äussere Gerstenkorn (Hordeolum externum) wird durch Verstopfung und Inflammation der Zeis- oder Molldrüsen ausgelöst.
  2. Beim inneren Gerstenkorn (Hordeolum internum) liegt meistens eine bakterielle Infektion mit Staphylokokken oder Streptokokken vor, die zu einer Entzündung der Meibomdrüsen führt.

 

Das Augenlid wird dabei oftmals nach „aussen gestülpt“ (ektropiert) und es kommt zu einer Rötung und Schwellung, nicht selten verbunden mit einem eitrigen Sekret. Anders als beim Hagelkorn verspürt der Betroffene deutliche Schmerzen im Umfeld der Entzündung.

 

Diagnostik und klinische Beurteilung

 

Während der ersten zwei Tage ist es kaum möglich, die beiden Arten der Hordeola klinisch zu unterscheiden. Bekannt ist aber, dass interne Hordeola sehr selten auftreten. Insofern werden sie auch erst einmal nicht in Erwägung gezogen. Anders ist es, wenn eine sehr starke Entzündung vorliegt oder Fieber und Schüttelfrost hinzutreten.

 

Handelt es sich um ein Hordeolum oder Chalazion (Hagelkorn) nahe dem inneren Lidwinkel, könnte eine Canaliculitis oder Dakryozystitis vorliegen. Zur genauen Unterscheidung ist darauf zu achten, welche Stelle am empfindlichsten und am stärksten induriert ist:

 

  • Beim Chalazion und bei einer Dakryozystitis ist es sehr oft das Lid genau unterhalb des medialen Lidwinkels nahe der Nasenseitenwand.
  • Bei einer Canaliculitis befindet sich das Schmerzzentrum eher über dem Punctum, womit in der Augenheilkunde das am inneren Augenwinkel gelegenen Tränenpünktchen gemeint ist.

 

Die chronische Chalazie spricht kaum auf eine Therapie an. In einem solchen Fall muss eine Biopsie erfolgen, um einen Lidtumor ausschliessen zu können.

 

Eine Therapie ist nicht immer erforderlich

 

Das Hagelkorn heilt meistens nach ein paar Tagen von selbst ab. Deshalb wird der Arzt zunächst zu geduldigem Abwarten raten. Andererseits kann aber auch eine Therapie eingeleitet werden, die sich ein rasches Abschwellen zum Ziel setzt. Die konservative Methode besteht aus warmen Kompressen, die in etwa bei der Hälfte der Fälle zu schnellem Erfolg führen. Falls sich das Chalazion dagegen als widerborstig erweist, kommt eine lokale Injektion mit Glukokortikoiden infrage. In sehr seltenen Fällen ist auch mal ein kleiner operativer Eingriff erforderlich.

 

Für die Behandlung eines Gerstenkorns gelten ganz ähnliche Aussagen. Nach einer gewissen Zeit des Abwartens kommen je nach Art des Gerstenkorns antibiotikahaltige Augensalben oder Augentropfen zum Einsatz. Ausserdem verschafft Wärme in Form von Rotlicht oder warmen Kompressen etwas Schmerzlinderung und begünstigt den Heilungsprozess.

 

Zusammenfassung

 

Chalazien und Gerstenkörner (Hordeola) treten in aller Regel recht plötzlich als gut erkennbare lokale Schwellungen der Lider auf. Beim Chalazion handelt es sich um einen nicht infektiösen Verschluss einer Meibomdrüse. Dagegen wird ein Hordeolum oft durch eine Infektion verursacht.

 

Beiden Krankheitsbildern gemeinsam sind eine Lidhyperämie sowie ein angeschwollenes, durchaus schmerzhaftes Lidödem. Aus dem Chalazion entwickelt sich mit der Zeit ein kleines, eher unempfindliches Knötchen in Lidmitte. Das Hordeolum verbleibt am Lidrand und zeichnet sich durch deutliche Schmerzen aus.

 

Nach klinischer Diagnose besteht die Therapie vor allem aus warmen Kompressen. In beiden Fällen darf mit einer spontanen Verbesserung gerechnet werden. Beschleunigen lässt sich das Ganze jedoch durch eine Inzision, bei Chalazien haben sich eher intraläsionale Corticosteroid-Injektionen bewährt.

 

Quellen

 

  • Nika Bagheri, Brynn N. Wajda: The Wills Eye Manual, 7th edition, Seite 96-97.
  • Brad Bowling: KANSKIs Klinische Ophthalmologie, 8. Auflage, Seite 31.
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