Diabetische Retinopathie: Zuckerkrankheit und Augen

Kategorien: Syndrome & AugenerkrankungenPublished On: 2. August 2022Von 7 min read

Dr. med. Gabriele Valaisaite

Fachärztin für Augenheilkunde

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Inhaltsverzeichnis

diabetische retinopathie

Was ist eine diabetische Retinopathie?

Bei der diabetischen Retinopathie handelt es sich um eine Erkrankung der Netzhaut des Auges, die durch eine Zuckerkrankheit hervorgerufen wird. Dabei werden im Anfangsstadium kleine Blutgefässe verletzt, was von den betroffenen Patienten zunächst nicht wahrgenommen wird. Die Diabetes an sich ist für betroffene Patienten schwer, da sie die Lebensqualität stark einschränkt. Doch nicht nur das: Auch kann die Zuckerkrankheit zahlreiche weitere Folgeerkrankungen auslösen. Schäden an der Netzhaut zählen zu den am häufigsten auftretenden Folgeerkrankungen.

Bei Diabetikern ist ein hoher Blutzuckerspiegel festzustellen. Durch die hohen Blutzuckerwerte werden die Blutgefässe in der Netzhaut geschädigt. Dadurch werden die für das Sehen verantwortlichen Zellen nicht mehr ausreichend durchblutet. Wird die Erkrankung nicht rechtzeitig behandelt, kann sie sogar zur Erblindung führen. Eine Behandlung kann die Retinopathie allerdings nicht komplett heilen, sondern nur deren Fortschreiten hinauszögern.

Wie entsteht die diabetische Retinopathie?

Wer an der Krankheit Diabetes leidet, wird in der Regel von seinem Hausarzt entsprechend eingestellt. Bei Patienten mit einer schlechten Blutzuckereinstellung kann es im Rahmen der Zuckerkrankheit zu Veränderungen an der Netzhaut kommen. Es kommt zu Durchblutungsstörungen und Gefässänderungen. Kleine Blutungen in der Netzhaut sind dann ebenso wahrscheinlich wie Eiweissablagerungen oder Wasseransammlungen, auch als Makulaödem bezeichnet. Nimmt dieses zu, so verschlechtert sich die Sehschärfe. Gefäßschäden in der Netzhaut durch anhaltend hohen Blutzuckerspiegel und schlecht eingestellten Diabetes führen zur Entstehung dieser Erkrankung. Diabetesbedingte Gefäßschädigungen können auch auf die Makula übergehen, also auf die Stelle des schärfsten Sehens. Man spricht in dem Fall von einer diabetischen Makulopathie. Die diabetische Makulopathie ist eine spezielle Form der diabetischen Retinopathie.

Was aber ist die Netzhaut überhaupt? Die Netzhaut befindet sich auf der Innenseite des Augapfels und ist mit Millionen von Sehzellen bestückt. Die meisten davon befinden sich auf der Netzhautmitte (Makula), die auch als Ort des stärksten Sehens bezeichnet wird. Durch die Netzhaut ziehen sich zahlreiche Äderchen, welche die umliegenden Zellen mit allen wichtigen Nährstoffen versorgen. Aufgrund dieser Vielzahl an Äderchen ist die Netzhaut allerdings auch besonders anfällig für Schäden, wie sie infolge zu hoher Blutzuckerwerte auftreten können. In den meisten Fällen sind zu hohe Blutzuckerwerte der Auslöser für die diabetische Retinopathie. Doch auch ein zu hoher Blutdruck, erhöhte Cholesterinwerte und Rauchen sind als Risikofaktoren für die Augenkrankheit bekannt.

Augensymptome des Diabetes mellitus

Im Anfangsstadium verursacht die Augenerkrankung noch keine nennenswerten Symptome. Darum ist die Krankheit auch so tückisch. Wer an Diabetes leidet, sollte daher mindestens alle zwei Jahre eine Vorsorgeuntersuchung beim Augenarzt in Anspruch nehmen. Die typischen Symptome und Komplikationen treten erst im fortgeschrittenen Stadium auf. Die meisten Patienten klagen über dunkle Flächen oder rote Schleier im Gesichtsfeld. Auch sogenannte Lichtblitze sind keine Seltenheit. Ein unscharfes und verschwommenes Sehen ist ebenso charakteristisch für die Retinopathie wie ein „grauer Vorhang“.

Stadien der diabetischen Retinopathie

Die diabetische Retinopathie wird in mehrere Stadien unterteilt. Im Anfangsstadium treten kaum Symptome auf und die Krankheit bleibt zunächst weitestgehend unbemerkt. Im weiteren Verlauf kommt es zu den zuvor genannten Eiweiss- und Wasserablagerungen sowie kleinen Blutungen. Schreitet die Krankheit noch weiter voran, bilden sich neue Blutgefässe und man spricht von der Proliferativen diabetischen Retinopathie. Diese können massive Blutungen und nicht zu reparierende Schädigungen an der Netzhaut auslösen. Im schlimmsten Fall droht eine komplette Erblindung. Bei einer Proliferativen diabetischen Retinopathie ist in den meisten Fällen eine Operation notwendig.

Proliferative oder nichtproliferative Retinopathie kann man ganz gut auseinanderhalten: Bei der nichtproliferativen Retinopathie bilden sich keine neuen Blutgefässe. Allerdings gibt es auch bei dieser mehrere Formen. Von der milden über die mittlere bis hin zur schweren Form, bei der mehr als 20 Einblutungen in der Netzhaut vorhanden sind, kommt alles in Frage. Die Gefässveränderungen allerdings beschränken sich bei allen Formen auf die Netzhaut und Betroffene haben in der Regel keine Beschwerden. Wenn sich dann die Schädigungen in der Netzwerk häufen und diese nicht mehr ausreichend durchblutet wird, spricht man von der Proliferativen Retinopathie.

Bei ihr kommt es immer zur Bildung von neuen, aber minderwertigen Blutgefässen. Der Körper versucht so selbst, die Durchblutung der Netzhaut zu verbessern; allerdings mit mässigem Ergebnis. Da die neu gebildeten Blutgefässe sehr schwach ausgebildet sind, kommt es häufig zu Einblutungen. Diese wiederum können das Sehvermögen stark beeinflussen. Wenn die neu gebildeten Gefässe im Lauf der Zeit schrumpfen, kann das zu einem weiteren Problem führen, der Netzhautablösung.

Achtung Augennotfall: Netzhautablösung

Die Netzhautablösung ist ein medizinischer Notfall und muss umgehend behandelt werden. Passiert das nicht, droht eine Erblindung des betroffenen Auges. Patienten, die stark verschwommen oder schwarze Punkte sehen, sollten daher unverzüglich einen Augenarzt oder due Notfallambulanz aufsuchen. Auch Lichtblitze und der sogenannte Russregen sind zwei Symptome, die typisch bei einer Netzhautablösung sind.

Wie kann die diabetische Retinopathie diagnostiziert werden?

Patienten, die an Diabetes leiden, sollten regelmässig Kontrollbesuche beim Augenarzt wahrnehmen. Nur so kann eine Retinopathie rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Auch für den Augenarzt ist eine Retinopathie im Anfangsstadium nur schwer zu erkennen. Daher wird er bei Risikopatienten eine Augenspiegelung durchführen. Dank dieser können erste Anzeichen schon frühzeitig erkannt werden. Mit Hilfe eines Ophtalmoskops kann der Augenarzt während der Augenspiegelung in das Innere des Auges leuchten. Der Augenhintergrund kann bis zu 16-fach vergrössert werden und alle Veränderungen auf der Netzhaut werden erkannt.

Bei den regelmässigen Kontrolluntersuchungen, die beim Diabetes Typ 2 mindestens alle zwei Jahre stattfinden sollten, kontrolliert der Augenarzt ebenso die Sehstärke, den Augenhintergrund und den vorderen Teil des Auges.

Behandlung der diabetischen Retinopathie

Je nachdem, wie weit die Erkrankung bereits fortgeschritten ist, kommen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten in Frage. Vielfach wird eine Behandlung mittels Laser angestrebt. Während dieser werden die schlecht durchbluteten Regionen der Netzhaut verödet. Die Ablagerungen können so deutlich verringert werden, allerdings ist häufig eine mehrmalige Behandlung mittels Laser erforderlich.

Eine zweite Möglichkeit, die diabetische Retinopathie zu behandeln, ist eine Medikamenteneingabe in den Glaskörper. Damit lassen sich sowohl die unerwünschte Neubildung von Gefässen als auch Flüssigkeitsansammlungen an der Stelle des schärfsten Sehens behandeln. So kann das Fortschreiten der Erkrankung verhindert und gleichzeitig die Sehkraft wieder deutlich verbessert werden. Das Medikament wird nach einer örtlichen Betäubung des Auges mit einer feinen Injektionskanüle direkt in das Auge gebracht (intravitreale Injektion). Hierbei handelt es sich um ein risiko- und schmerzfreies Verfahren. Ähnlich wie die Laserbehandlung muss auch die Medikamenteneingabe in regelmässigen Abständen wiederholt werden.

Beide vorgenannten konventionellen Behandlungen sind bei einer proliferativen diabetischen Retinopathie nicht ausreichend. Ist die Erkrankung schon so weit fortgeschritten, ist eine Operation meist unausweichlich. Diese wird als Vitrektomie bezeichnet. Während dieser wird der Glaskörper entfernt, so dass die Netzhaut entlastet wird. Im Anschluss ist eine Laserbehandlung erforderlich, um die Netzhaut mit Blut zu versorgen.

Ob vorgenannte Behandlungsmethoden von Erfolg gekrönt sind, ist von Patient zu Patient unterschiedlich. Immerhin ist die Diabetes eine chronische Erkrankung und auch die Netzhautveränderungen bei der diabetischen Retinopathie sind chronisch. Trotz einer schnellen und modernen Behandlung kann sich die Krankheit weiterentwickeln. Je früher allerdings mit der Behandlung begonnen wird, desto unwahrscheinlicher sind Komplikationen wie Glaskörperblutungen, Grüner Star oder gar eine Netzhautablösung.

Der Patient selbst kann ebenfalls einiges tun, um das Fortschreiten der Erkrankung aufzuhalten. Wichtig ist, dass man auf gute Werte bei Blutzucker, Blutdruck und Cholesterin achtet. Regelmässige Bewegung und der Abbau von Übergewicht können dabei helfen, die Blutzuckerwerte zu verbessern. Gleiches gilt für die Blutdruckwerte. Die Cholesterinwerte hingegen kann man gut über die Ernährung beeinflussen. Auf Zucker und zu viele Kohlenhydrate sollte man daher besser verzichten. Zu guter Letzt: Patienten sollten aufhören zu rauchen, denn das Rauchen schädigt die Blutgefässe im ganzen Körper.

Zusammenfassung

Wer an Diabetes leidet, sollte seine Augen regelmässig beim Arzt kontrollieren lassen. Für alle Patienten, die an der Zuckerkrankheit (Diabetes) leiden, ist das sinnvoll, um eine diabetische Retinopathie so zeitig wie möglich zu erkennen. Dann kann umgehend mit der Behandlung begonnen und es werden schwerwiegende Schäden verhindert.

Quellen

  • Timothy L Jackson: Moorfields Manual of Ophthalmology, third edition, Seite 520-529.
  • Nika Bagheri, Brynn N. Wajda: The Wills Eye Manual, 7th edition, Seite 295-300.
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