Autosomal dominante Optikusatrophie (ADOA)

Kategorien: SehnervPublished On: 30. November 2023Von 6,4 min read

Dr. med. Gabriele Valaisaite

Fachärztin für Augenheilkunde

Mehr über mich und meine Karriere finden Sie auf meiner Profilseite

Teilen Sie diesen Artikel!

Dr. med. Gabriele Valaisaite

Fachärztin für Augenheilkunde

Mehr über mich und meine Karriere finden Sie auf meiner Profilseite

Teilen Sie diesen Artikel!

Inhaltsverzeichnis

autosomal dominante optikusatrophie

Einführung in die Autosomal Dominante Optikusatrophie

Autosomal dominante Optikusatrophie (ADOA) ist eine erbliche Augenerkrankung, die durch progressiven Sehverlust charakterisiert wird. Sie ist die häufigste Form der erblichen Sehnervenatrophie und betrifft beide Augen. Die Erkrankung tritt meistens in der Kindheit oder im frühen Erwachsenenalter auf und führt zu einer allmählichen Verschlechterung des Sehvermögens. Die Krankheit hat einen erheblichen Einfluss auf das tägliche Leben der Betroffenen, da sie grundlegende Funktionen wie Lesen, Autofahren und die Erkennung von Gesichtern beeinträchtigt. Das Verständnis der Erkrankung und ihrer Auswirkungen ist entscheidend für die Entwicklung effektiver Behandlungsstrategien und die Unterstützung der betroffenen Personen.

Genetik und Ursachen

Autosomal-dominante Optikusatrophie wird vorrangig durch Mutationen im OPA1-Gen verursacht. Dieses Gen ist entscheidend für die Aufrechterhaltung der Mitochondrienfunktion in den Sehnervenzellen. Die Mitochondrien sind für die Energieproduktion in den Zellen verantwortlich, und ihre Dysfunktion kann zu Zellschäden und -tod führen. Neben OPA1 sind auch andere Gene wie OPA3, OPA8 und OPA10 mit der Krankheit assoziiert. Diese erbliche Vielfalt trägt zu einer breiten Palette von Symptomen und Schweregraden bei, die bei verschiedenen Personen beobachtet werden können.
ADOA und die Lebersche Optikusneuropathie (LHON) sind die häufigsten Formen einer erblichen Neuropathie des Sehnervens. Insbesondere die temporale Seite der Papille ist beeinträchtigt, da schon frühzeitig das papillomakuläre Bündel betroffen ist.

Symptome der ADOA

Die Symptome umfassen typischerweise:

  • Progressiver Sehverlust: Dies ist das Hauptmerkmal, das sich in der Regel allmählich entwickelt.
  • Verlust der zentralen Sehschärfe: Schwierigkeiten beim Erkennen von Details und beim Lesen.
  • Farbsehstörungen: Probleme beim Unterscheiden bestimmter Farben.
  • Gesichtsfeldausfälle: Verlust des peripheren Sehens, was die räumliche Orientierung beeinträchtigen kann.
  • Schwierigkeiten beim Sehen in schlechten Lichtverhältnissen: Besonders in der Dämmerung oder bei schwacher Beleuchtung.

Schon im Kindesalter können Betroffene eine herabgesetzte Sehkraft haben.

Diagnostik der ADOA

Zur Diagnose werden verschiedene Methoden verwendet:

  • Augenuntersuchung: Beurteilung der Sehschärfe und Untersuchung des Augenhintergrundes.
  • Optische Kohärenztomographie (OCT): Detaillierte Darstellung des Sehnervs und der Netzhaut.
  • Visuell evozierte Potenziale (VEP): Überprüfung der Funktion des Sehnervs.
  • Genetische Tests: Identifizierung spezifischer Mutationen in den ADOA-assoziierten Genen.
  • Familienanamnese: Informationen über andere Fälle von Sehverlust in der Familie.

Differentialdiagnostik der atosomal dominanten Optikusatrophie

Die Differentialdiagnose umfasst mehrere andere Erkrankungen, die ähnliche Symptome wie Sehverlust und Sehnervenschädigung aufweisen. Es ist wichtig, diese Zustände zu berücksichtigen, um eine genaue Diagnose zu stellen. Hier sind einige der wichtigsten Differentialdiagnosen:

  • Glaukom: Eine Gruppe von Augenerkrankungen, die durch einen erhöhten Augeninnendruck gekennzeichnet sind und den Sehnerv schädigen können.
  • Leber’sche hereditäre Optikusneuropathie (LHON): Eine mitochondriale Erkrankung, die plötzlichen und schweren Sehverlust verursacht, vor allem bei jungen Männern.
  • Multiple Sklerose: Eine Erkrankung des zentralen Nervensystems, die den Sehnerv betreffen und zu Symptomen führen kann, die denen der ADOA ähnlich sind.
  • Optikusneuritis: Entzündung des Sehnervs, die zu Sehverlust führen kann. Sie kann isoliert oder im Rahmen von Erkrankungen wie der Multiplen Sklerose auftreten.
  • Ischämische Optikusneuropathie: Eine Erkrankung, bei der der Blutfluss zum Sehnerv reduziert ist, was zu Sehverlust führen kann.
  • Toxische Optikusneuropathie: Sehverlust aufgrund der Exposition gegenüber bestimmten Toxinen oder Medikamenten, wie z.B. Ethambutol oder Methanol.
  • Traumatische Optikusneuropathie: Sehverlust als Folge einer direkten Verletzung des Sehnervs.
  • Kompressive Optikusneuropathie: Sehverlust aufgrund eines Tumors oder einer anderen Struktur, die Druck auf den Sehnerv ausübt.
  • Nutritive und metabolische Optikusneuropathie: Bedingt durch Mangelernährung oder metabolische Störungen, die den Sehnerv beeinträchtigen.

Die genaue Unterscheidung zwischen diesen Zuständen erfordert eine gründliche klinische Untersuchung, bildgebende Verfahren, eine sorgfältige Anamnese und in vielen Fällen spezifische Tests, einschließlich erblicher Tests. Die korrekte Diagnose ist für die Festlegung eines geeigneten Behandlungsplans entscheidend.

Behandlung und Management

Die Behandlung ist symptomatisch und unterstützend, da es derzeit keine Heilung gibt. Der Schwerpunkt liegt auf:

  • Anpassung der Sehhilfen: Verwendung von speziellen Brillen und Vergrösserungshilfen.
  • Regelmässige Augenuntersuchungen: Überwachung des Fortschreitens der Erkrankung.
  • Beratung und Unterstützung: Psychologische Unterstützung und Hilfe bei der Anpassung an den Sehverlust.
  • Rehabilitation: Schulungen und Anpassungen zur Bewältigung des Sehverlusts im Alltag.

Prognose

Die Prognose variiert zwischen den Betroffenen, aber im Allgemeinen ist sie eine langsam fortschreitende Erkrankung, die hauptsächlich das Sehvermögen beeinträchtigt. Die meisten Patienten erleben einen graduellen Verlust der Sehschärfe, der meist im Kindes- oder Jugendalter beginnt.

Obwohl der Sehverlust in der Regel fortbesteht und sich im Laufe der Zeit verschlechtert, führt die Erkrankung selten zur völligen Blindheit. Viele Patienten behalten ein gewisses Mass an Sehfähigkeit bei, selbst im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung. Die periphere Sehfähigkeit und das Farbsehen können ebenfalls beeinträchtigt sein, aber dies variiert ebenfalls stark von Person zu Person.

Die Lebenserwartung der Betroffenen wird durch diese Erkrankung in der Regel nicht beeinflusst. Allerdings kann die Qualität des Lebens durch den fortschreitenden Sehverlust beeinträchtigt werden. Die Anpassung an den Sehverlust durch den Einsatz von Sehhilfen und unterstützenden Diensten spielt eine wichtige Rolle bei der Erhaltung der Lebensqualität.

Es ist wichtig zu betonen, dass ADOA eine sehr individuelle Erkrankung ist und die Prognose für jede Person unterschiedlich sein kann. Regelmässige augenärztliche Kontrollen und eine frühzeitige Anpassung an den Sehverlust sind entscheidend, um die besten Möglichkeiten für das Management der Erkrankung zu nutzen.

Forschung und zukünftige Richtungen

Die Forschung konzentriert sich auf das Verständnis der molekularen Mechanismen der Krankheit und die Entwicklung neuer Behandlungen. Aktuelle Forschungsansätze umfassen:

  • Gentherapie: Ziel ist es, die Funktion des mutierten Gens zu korrigieren oder zu ersetzen.
  • Neuroprotektive Strategien: Entwicklung von Medikamenten, die den Sehnerv schützen.
  • Stammzellforschung: Potenzial zur Regeneration beschädigter Sehnervenzellen.
  • Mitochondriale Therapien: Ansätze zur Verbesserung der mitochondrialen Funktion und Gesundheit.

Zusammenfassung

Die autosomal dominante Optikusatrophie stellt eine signifikante Herausforderung im Bereich der Augenheilkunde dar. Als genetisch bedingte Erkrankung, die hauptsächlich den Sehnerv betrifft, führt ADOA zu einer progressiven Verschlechterung des Sehvermögens. Die Symptome variieren von Person zu Person und umfassen in der Regel einen fortschreitenden Verlust der Sehschärfe, Farbsehstörungen, Schwierigkeiten beim Sehen in schlechten Lichtverhältnissen und eine Beeinträchtigung des peripheren Sehens. Diese Symptome können erhebliche Auswirkungen auf das tägliche Leben und die Lebensqualität der Betroffenen haben.

Die Diagnose basiert auf einer Kombination aus klinischen Untersuchungen, genetischen Tests und bildgebenden Verfahren wie der optischen Kohärenztomographie (OCT) und visuell evozierten Potenzialen (VEP). Eine gründliche Familienanamnese ist ebenfalls entscheidend, um die vererbte Natur der Erkrankung zu bestätigen. Da die Krankheit genetisch bedingt ist, spielt die genetische Beratung eine wichtige Rolle im Diagnoseprozess.

In Bezug auf die Behandlung gibt es derzeit keine Heilung für diese Erkrankung, weshalb der Schwerpunkt auf der Linderung der Symptome und der Anpassung an den Sehverlust liegt. Dies beinhaltet den Einsatz von Sehhilfen, regelmässige Augenuntersuchungen, unterstützende Dienste und psychologische Beratung. Die Rehabilitation und Anpassung an den Sehverlust sind entscheidend, um den Betroffenen ein möglichst normales Leben zu ermöglichen.

Die Forschun konzentriert sich auf das Verständnis der zugrunde liegenden genetischen und molekularen Mechanismen der Krankheit. Gentherapie, neuroprotektive Strategien, Stammzellforschung und mitochondriale Therapien sind vielversprechende Bereiche, die das Potenzial haben, die Behandlungsmöglichkeiten in der Zukunft zu verbessern.

Für Personen, die in der Region Graubünden leben, stehen unsere Augenärzte in Chur zur Verfügung, die bei der Diagnose und dem Management von ADOA gerne Unterstützung und Fachwissen anbieten. Diese Fachärzte können eine umfassende Diagnostik durchführen, individuelle Beratung bieten und die notwendigen Schritte einleiten, um den Betroffenen zu helfen, mit ihrer Erkrankung bestmöglich umzugehen. Es ist wichtig, dass Betroffene und ihre Familien auf solche spezialisierten Ressourcen zugreifen, um eine optimale Versorgung und Unterstützung zu erhalten.

Nach oben