Akute Makuläre Neuroretinopathie

Kategorien: Syndrome & AugenerkrankungenPublished On: 5. November 2022Von 4,9 min read

Dr. med. Gabriele Valaisaite

Fachärztin für Augenheilkunde

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Inhaltsverzeichnis

akute makulaere neuroretinopathie

Akute Makuläre Neuroretinopathie

Bei der akuten makulären Neuroretinopathie (AMN oder auch AMNR) handelt es sich um eine äußerst seltene Augenkrankheit. Weltweit sind bisher nur 100 Fälle in der medizinischen Literatur bekannt. Sie scheint bei weiblichen Patientinnen häufiger aufzutreten als bei Männern, letztere machen nur 20 Prozent der bekannten Fälle aus. Die meisten Betroffenen sind zwischen 20 und 53 jährige Frauen. Die Diagnose der Krankheit und ihre Befunde wurde das erste Mal im Jahre 1975 von Bos und Deutman beschrieben.

Was ist akute makuläre Neuroretinopathie?

Diese Augenkrankheit kann sowohl uni- bzw. bilateral auftreten, also nur eines oder beide Augen betreffen. Der ophthalmologische Name der Krankheit bezieht sich auf die Makula, den Gelben Fleck im hinteren, zentralen Bereich der Netzhaut, in diesem Areal weisen die Zapfenzellen ihre größte Konzentration auf. Bei der AMN kommt es zu einer plötzlichen Beeinträchtigung dieser Zellen. Derzeit unterscheidet die Wissenschaft zwei Typen. Auf der einen Seite gibt es die typische akute makuläre Neuroretinopathie, auch als akute makuläre äußere Retinopathie (AMOR) bezeichnet. Die andere Variante nennt sich parazentrale akute mittlere Makulopathie (PAMM). Bei der AMN sind die Zentralskotome entscheidend, welche die Sehkraft der Betroffenen vorübergehend oder dauerhaft schädigen. Sollten sie nur von temporärer Natur sein, kann es noch immer Monate dauern, bis sie sich zurückbilden. Meistens, je nach Verlauf und Befund, fällt der Verlust an Sehkraft geringfügig aus.

Was sind die Auslöser der akuten makulären Neuroretinopathie?

Bis heute sind die Auslöser für die plötzliche Visusminderung bei den Patienten nicht geklärt. Die Ursache für die Netzhautschädigung könnte in mikrovaskulären Anomalien zu suchen sein, welche sich im Kapillarplexus der Netzhaut der Patienten befinden. Vermutet werden ebenfalls Verletzungen, Virusinfektionen sowie Autoimmunreaktionen. Die Fachliteratur diskutiert die Auswirkungen von Schock und Hypotensionen, hervorgerufen durch Unfälle, Operationen und Entbindungen. Bei Schwangeren erhöhen die Präeklampsie und die Prothrombin-Antikörper das Risiko einer AMN.

Zudem gibt es eine Reihe von Symptomen und Krankheiten, welche das Risiko einer Erkrankung an akuter makulärer Neuroretinopathie erhöhen können. Dazu zählen unter anderem Bronchitis, Grippen, Mrigäne, Infektionen der oberen Atemwege, Enteritis, Pharyngitis und Sinusitis. Bestimme Mittel und Medikament können die Bildung einer AMN oder parazentralen AMM ebenfalls begünstigen, wie etwa orale Kontrazeptiva, intravenös eingenommene und jodhaltige Kontrastmittel oder Ephedrin. Außerdem soll die Einnahme von erhöhten Mengen an Koffein das Risiko einer Erkrankung bei Patienten begünstigen.

Symptome der Erkrankung

Die Symptome treten in der Regel nur bei einem Auge auf, in wenigen Fällen bei beiden. Die Betroffenen berichten von einer eingeschränkten Sehschärfe vor allem im Mittelfeld des Sehbereichs. Verantwortlich dafür sind die multifokalen Skotome. Ein vollständiger Verlust der Sehkraft tritt nicht ein. Stattdessen nehmen die Erkrankten im betroffenen Teil des oder der Augen visuelle Effekte wie Schatten, Skotome oder Floater wahr. In diesem Bereich können die Erkrankten noch immer sehen, die Elemente blockieren die Sicht nicht vollständig. Manche reagieren wesentlich empfindlicher auf Licht, leiden also unter einer Photophobie, oder ihre Wahrnehmung ist gänzlich verzerrt und die akute makuläre Neuroretinopathie hat zu einer Metamorphopsie geführt.

Wie kann die akute makuläre Neuroretinopathie erkannt werden?

Ärzte untersuchen Augen, Pupillen sowie Retina bei der Ophthalmoskopie mithilfe von Nahinfrarot-Fotografien sowie rotfreien Fotografien. Weiterhin wird ein Funktionstest anhand des Amsler-Gitters durchgeführt. Zudem erfolgt eine Gesichtsfeldmessung und eine Messung im Spektralbereich SD-OCT. ICG Angiografie, Fundusautofluoreszenz (FAF) sowie Fluoreszeinangiografie (FFA) gelten ebenfalls als mögliche Mittel zur Erkennung von AMN. Die Ärzte suchen dabei nach retinalen Abnormitäten, Schädigungen und Blutungen in der äußeren Schicht der Netzhaut. Währenddessen zeigen sich auf dem Outer Nuclear Layer und dem Outer Plexiform Layer signalreiche Gewebeteile. In der SD-OCT erscheint die Netzhaut mit der gewöhnlichen Dicke, jedoch mit Läsionen mit vom Zentrum des Gesichtsfeldes ausgehenden Veränderungen. Auch beim ICG und FFA zeigen sich häufig keine Abweichungen.

Differentialdiagnosen

Da eine akute makuläre Neuroretinopathie in Kombination mit Multiple Evanescent White Dot Syndrom (MEWDS) oder einem blinden Fleck (AIBSE) in Erscheinung treten kann, muss eine Diagnose differenziert betrachtet werden. So können alte Infarkte auf der innere Retina eine ähnliche Symptomatik aufweisen wie eine akute makuläre Neuroretinopathie. Auch weiße Flecken ähnlich dem MEWDS können die eigentliche Ursache für die Visusminderung sein oder es könnte eine akute posteriore multifokale plakoide Pigmentepitheliopahie (APMPPE) auftreten. Beides tritt mit einer Inzidenz von 0,2:100000 auf. Lediglich eine akute retinale Pigmentephitelitis (ARPE) ist noch seltener. Etwas häufiger ist die Inzidenz bei der Optikusneuritis sowie der Chorioretinopathia centralis seros mit 5:100000.

Was ist die Therapie?

Da es sich noch immer um eine recht unerforschte Augenkrankheit handelt, gibt es derzeit keine Therapien in Augenkliniken. Das ist unter anderem dem Umstand geschuldet, dass die Ursachen für die akute makuläre Neuroretinopathie bei Patienten nicht geklärt sind. In der Regel zieht sich die Visusminderung mit der Zeit von selbst zurück, weswegen Behandlungsmöglichkeiten bisher kaum erforscht werden konnten.

Prognose

In den meisten Fällen nehmen die Symptome der akuten makulären Neuroretinopathie spontan zumindest teilweise ab. Bei rund der Hälfte der betroffenen Patienten und Patientinnen bleiben die Symptome langfristig, beim Rest verschwinden sie über Monate gänzlich. Die Verschlechterung des Zustandes der Retina nach dem sehr plötzlichen Auftreten der AMN ist bislang nicht bekannt.

Zusammenfassung

Die akute makuläre Neuroretinopathie (AMN) gehört zu den seltenen Augenkrankheiten mit nur wenigen bekannten Fällen. Daher ist die Genese ebenso kaum erforscht wie mögliche Behandlungsmöglichkeiten. Sie kann sowohl ein als auch beide Augen betreffen, wobei sich die Sehkraftminderung nach dem plötzlichen Eintreten nicht verschlechtert. Bei manchen Patienten kann sie sogar komplett von selbst verschwinden. Diese Erkrankung zeigt sich durch die Schädigung der Retina beim SD-OCT. Die Betroffenen berichten von einer unklaren Sicht, Schatten, Skotomen und Floater im mittleren Gesichtsfeld.

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