AZOOR: Akute zonale okkulte äussere Retinopathie

Kategorien: Syndrome & AugenerkrankungenPublished On: 24. März 2023Von 4,6 min read

Dr. med. Gabriele Valaisaite

Fachärztin für Augenheilkunde

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Inhaltsverzeichnis

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AZOOR: Definition, Symptome, Ursachen, Therapie

AZOOR ist die Kurzform von „Acute zonal occult outer retinopathy“, was übersetzt so viel wie „Akute zonale okkulte äußere Retinopathie“ bedeutet. In der Augenmedizin handeln sie Experten als eine vergleichsweise junge Erkrankung, da sie erstmals im Jahr 1992 bei Gass in Erscheinung trat. Doch was genau versteht man eigentlich unter AZOOR, welche Symptome treten auf, was sind die gängigsten Ursachen und welche Therapie verspricht die besten Erfolge?

Was ist AZOOR?

Bei der akuten zonalen okkulten äußeren Retinopathie handelt es sich um eine Erkrankung der äußeren Netzhautschichten, die rapide voranschreitet. Während des Krankheitsverlaufs klagen Betroffene über Gesichtsfeldausfälle, elektroretinographische Fehlbildungen sowie minimale Fundusveränderungen.

Experten gehen davon aus, dass die Erkrankung der äußeren Netzhautschichten mit anderen Erkrankungen in Verbindung steht oder durch Läsionen ausgelöst wird. Unter Läsionen wird medizinisch die Verletzung oder die Störung der Funktion eines Organs verstanden. Eine dieser verantwortlichen Erkrankungen ist das sogenannte multiple evaneszente White-Dot-Syndrom. Die Rede ist von einem Syndrom mit weißen Flecken, auch bekannt als MEWDS oder AMN.

Eindeutige wissenschaftliche Belege gibt es für diese Vermutungen bislang allerdings nicht. Allerdings bekräftigen einige nahezu identischen Krankheitsverläufe die Behauptung, dass es sich um verschiedene Formen entzündlicher Chorioretinopathien handelt, die auf eine gemeinsame Grundkrankheit zurückzuführen sind.

Besonders betroffen sind junge Frauen – insbesondere junge Frauen Mitte 30. Die Forschungen zu den Patientengruppen befinden sich derzeit jedoch noch in den Kinderschuhen. Der Grund: Die akute zonale okkulte äußere Retinopathie ist eine äußerst seltene Augenerkrankung.

Weltweit sind bisher weniger als 200 Krankheitsfälle dokumentiert. Umso weniger Rückschlüsse lassen sich auf die besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen ziehen. Ähnlich sieht es bei den Ursachen und Therapiemöglichkeiten aus. Bis zum heutigen Zeitpunkt ist es der Medizin noch nicht gelungen, die konkreten Auslöser der AZOOR zu ermitteln und geeignete Therapien zu entwickeln.

Wie verläuft AZOOR?

Bei einem Großteil der Patienten der Erkrankung der äußeren Netzhautschichten tritt völlig unmittelbar eine Sehschwäche auf. Plötzlich lässt die Sehschärfe nach. Meist kommt zu der Sehschwäche auch ein sogenanntes Skotom hinzu, ein Gesichtsfeld-Ausfall. Sprich: Die Sehkraft im Bereich rund um das Gesicht, also das Gesichtsfeld, den das menschliche Auge auch ohne Bewegungen wahrnehmen kann, nimmt sichtbar ab.

In der akuten AZOOR Phase nimmt das Sichtfeld rasant ab. Gleichzeitig nehmen viele Betroffene Lichtreize wahr wie zum Beispiel Flimmern, Flecken, Funken und/oder Blitzen. In der Fachsprache bezeichnet man diese Lichterscheinungen als Photopsie. Ein weiteres typisches Merkmal von AZOOR: Zunächst beschränken sich die Symptome nur auf ein Auge. Im weiterenF Verlauf aber springen sie auch auf das zweite Auge über.

Bei manchen Patienten verstärken sich die Symptome im weiteren Krankheitsverlauf. Bei anderen Patienten klingen sie plötzlich von selbst wieder ab.

AZOOR: Welche Auslöser vermutet die Wissenschaft?

Bislang lassen sich keine konkreten, wissenschaftlich fundierten Aussagen zu den Ursachen von AZOOR machen. Allerdings gibt es einen vielversprechenden ersten Anhaltspunkt, der der Forschung Mut macht: Einige Betroffene litten unmittelbar vor dem Krankheitsbeginn an einer Virus-Infektion.

Wie lässt sich AZOOR diagnostizieren?

Für die Diagnose einer akuten zonalen okkulten äußeren Retinopathie sind mehrere diagnostische Verfahren notwendig. Zuallererst findet eine ausführliche Anamnese statt. Der Patient schildert seine Symptome und Vorgeschichte. Berichtet er von einer vorangegangenen Virus-Infektion, wird der Mediziner hellhörig und ordnet eine Gesichtsfelduntersuchung an. Diese bietet einen ersten Überblick über den Zustand der Sehkraft des Patienten.

Als Nächstes empfiehlt der behandelnde Arzt eine sogenannte Fundus-Fluoreszenz-Angiographie (FFA). Diese soll Fensterdefekte und Fehlbildungen des retinalen Pigmentepithels (RPE) identifizieren. Allerdings kann sie diese Defekte oft erst in einem fortgeschrittenerem Stadium von AZOOR erkennen.

Der grosse Vorteil des FFA-Verfahrens: Zuverlässig bestimmt es die Netzhaut-Beteilung. Zugleich kann es eine mögliche Schädigung der Zellen des retinalen Pigmentepithels nachweisen.

Besteht der Verdacht auf AZOOR, kommt häufig auch die Indocyanin-Grün-Angiographie (ICG) zum Einsatz. Im fortgeschritteneren Krankheitsverlauf ermittelt sie sorgfältig trizonale Muster.

Genauso wichtig ist die Optische Kohärenztomographie (OCT). Sie spürt eine potenzielle Ausdünnung der Netzhaut oder Schädigung der Retina auf.

Gelegentlich rät der Mediziner auch zu einer elektrophysiologischen Untersuchung. Nach Francis et al. macht diese jedoch nur Sinn, sofern Indizien für eine generalisierte Funktionsstörung des retinalen Pigmentepithels und des Kegelsystems vorliegen.

Differentialdiagnostische Untersuchungen

AZOOR lässt sich wegen seines unspezifischen Verlaufs und seiner unspezifischen
Symptome leicht mit ähnlichen Augenkrankheiten verwechseln. Umso wertvoller sind differentialdiagnostische Untersuchungen, um die akute zonale okkulte äussere Retinopathie zuverlässig von anderen Krankheitsbildern abzugrenzen. Besonders grosse Parallelen bestehen zum White-Dot-Syndrome, zur sogenannten Autoimmunretinopathie.

Dazu gehören beispielsweise die melanom-assoziierte Retinopathie (MAR), die krebsassoziierte Retinopathie (CAR) oder die nicht-neoplastische Autoimmunretinopathie (npAIR).

Sollten Sie mehr Fragen zu den Differentialdiagnosen und zur Erkrankung selbst haben, können Sie gerne Kontakt mit unseren Augenärzten in Chur aufnehmen.

AZOOR – die Prognose

Da die ersten Krankheitsfälle von AZOOR noch nicht allzu lange zurückliegen und bislang nur äusserst wenige Vorfälle bekannt sind, gibt es noch keine verlässlichen Langzeitstudien zu Verlauf und Prognose. Eines, das aber immer wieder auffällt: Bei einem grossen Teil der beobachteten Patienten legten sich die Symptome innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten von selbst wieder.

Genauso viele offene Fragen gibt es zur AZOOR-Behandlung. Meist wurden den Patienten immunsuppressive und antivirale Medikamente sowie Kortikosteroiden verschrieben. Ihre genaue Wirksamkeit lässt sich aber bislang noch nicht eindeutig belegen.

Quellen

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